Liebe Leserinnen und Leser, dieses Jahr hat uns, wie wahrscheinlich auch die allermeisten von euch, vor große berufliche, private und gesundheitliche Herausforderungen gestellt. Es ist insgesamt eine undefinierbare Gemengelage, die das Jahr 2020 gekennzeichnet hat und bei der wir nicht wissen, wie und ob wir negatives und positives gegeneinander aufrechnen können und sollten.
Auf der einen Seite sind positive Entwicklungen zu sehen. Die Notwendigkeit, nach Möglichkeit in das Home Office zu gehen, hat natürlich dem Thema, das wir seit Jahren versuchen voranzutreiben, einen großen Schub gegeben. Unsere Studien und Leitfäden zum digitalen Arbeiten, zur digitalen betrieblichen Transformation, zum neuen Arbeiten auf dem Lande und – nur einen Monat vor dem Lockdown – zu der Frage, ob Unternehmen in Deutschland aus Sicht der Beschäftigten digital gut aufgestellt sind, konnten wir zielgerichtet herausgeben. Im Gegensatz zu vielen anderen Arbeitsbereichen und Branchen konnten wir nicht über Arbeitsausfall klagen, sondern versuchen seit nunmehr 9 Monaten, die anfallende Mehrarbeit einigermaßen nachhaltig für uns selbst zu bewältigen.
Eigentlich sollte uns diese offensichtliche Nützlichkeit unserer Arbeit für so viele Menschen doch richtig freuen. Ungezählte Medien-, Interview- und Beratungsanfragen haben uns bestärkt in der Auffassung, dass wir mit der `Zukunft der Arbeit´ dem Bedürfnis vieler Menschen nach einem Wandel der Arbeitswelt hin zu mehr Digitalisierung aber auch Achtsamkeit und Selbstbestimmtheit entgegenkommen.
Wir können uns aber am Ende des Jahres nicht so richtig darüber freuen, hat doch die Corona-Krise bisher weltweit schon über eine Million Menschenleben gefordert. Manche Nicht-Virologen bezeichnen dies öffentlich als „undramatisch“. Wir sehen das definitiv anders. Unsere eigene wichtigste Erkenntnis nach all den Jahren der Befassung mit dem Wandel der Arbeitswelt ist, dass der Mensch (erfreulicher Weise) immer mehr in den Mittelpunkt rückt. Dies gilt mit Sicherheit nicht flächendeckend und branchenübergreifend. Dort wo es stattfindet, kommen aber die Werte von „New Work“ immer stärker zum tragen; Kommunikation auf Augenhöhe, Empathiefähigkeit, Wertekonsistenz, zu wissen, wofür man selbst einsteht, Transparenz, Beteiligung. Welche Werte wären in der Krise besser geeignet, um diese gemeinsam durchzustehen?
Es ist durch Corona das Umdenken hin zum Menschen befördert worden. Der „mündige Arbeitnehmer“ ist tendenziell mehr in den Mittelpunkt gerückt. Die Tatsache, dass zeitweise bis zu 50% der Erwerbstätigen im Home Office gearbeitet haben, führte automatisch zu der Feststellung, dass diese Menschen natürlich auch mündig genug sind, um im Home Office eigenständige Entscheidungen treffen zu können, ohne das ständig ein Aufpasser an der Seite steht. Wir glauben, dass sich dieses kulturelle Rad nicht mehr zurückdrehen lässt. Und das ist gut so. Etliche Beispiele aus der Unternehmenswelt dafür, dass Arbeitgeber ihre Beschäftigten wieder oder noch mehr wertschätzen gelernt haben, kann man derzeit in den sozialen Medien beobachten; Arbeitgeber, die ihren Beschäftigten zu Weihnachten Motivationspakete geschickt haben, die sich Gedanken darüber gemacht haben, wie ihre Mitarbeitenden die Zeit allein im Home Office verbracht haben, wie sie sie letztlich auch technisch und betreuungstechnisch unterstützen können.
Dies alles sind schöne Entwicklungen in einem fürchterlichen Krisenumfeld. Und diese Mischung von guten und schlimmen Veränderungen ist es eben auch, die uns derzeit unbestimmt zurücklässt. Weil es uns mehr um Menschen und weniger um Strukturen und Prozesse geht.
Deswegen beschließen wir dieses Jahr mit Demut. Wir denken, dass diese Demut gut zu Weihnachten 2020 passt. Lasst uns schauen, ob es 2021 bergauf gehen wird. Wenn Politik und Wirtschaft die Menschen im Fokus haben werden, sind wir optimistisch, dass wir alle gemeinsam das neue Jahr zu etwas besseren führen werden.
Frohe Weihnachten und einen guten (ruhigen) Rutsch ins neue Jahr.
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