In dieser Woche war der @isarmatrose bei uns im Hause und hat von seinen Reisen durch Europa berichtet, auf denen er etliche Co-Working-Spaces besucht und genutzt hat. Co-Working-Spaces sind ein wesentlicher Bestandteil der #ZukunftderArbeit, weil damit neue Formen der Zusammenarbeit, der Auflösung der Grenzen zwischen in- und extern und des agilen Projektmanagements einhergehen. In Deutschland beginnt diese Form der Arbeit erst gerade bekannt zu werden.
Berlin als Hotspot der Co-Working-Szene
Berlin ist deutschlandweit bisher sicherlich ein HotSpot der Co-Working-Szene. Nicht umsonst wird das St. Oberholz als klassischer Treffpunkt der digitalen Boheme zunehmend Spaces für diese Art der Zusammenarbeit anbieten. Tobias wird das St. Oberholz und Unternehmen, die sich über diese Innovationen des Arbeitsprozesses informieren wollen, dabei unterstützen. Daneben ist Tobias auch weiterhin bei den Netzpiloten.de aktiv. In dem Interview unterhalten wir uns über seine aktuellen Pläne zur Co-Working-Thematik sowie die Potenziale, die diese neue Form des Arbeitens gerade für die ländlichen Regionen in Deutschland bietet.
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Danke für das spannede Interview und auch deine persönliche Einschätzung in den Kommentaren, Tobias!
Ich würde auch sagen, dass Coworking eben nicht gleich Arbeit im „Telezentrum“ ist. Steckt ja schon im Wort. Während das „Tele“ beim zweiten ja nur die Arbeit von einem räumlich entfernten Büro-„Zentrum“ aus meint, geht es beim Coworking ja auch und gerade um die Zusammenarbeit. Das ist freilich weit gefasst – vielleicht kann man es schon als „Zusammenarbeit“ sehen, wenn z.B. ein Designer durch den offenen Schnack am Kaffeetisch auf eine zündende Idee kommt? Das, was Conni in Amsterdam erlebt hat, kommt dann vielleicht wieder eher dem alten Telezentrum nahe, oder?
Kennt ihr eigentlich Firmen, die ihre Mitarbeiter aktiv dazu auffordern, auch mal die Arbeit im Coworking Space auszuprobieren? Ich hab mal was über Buffer gelesen, die ihr komplettes Büro abgeschafft haben (http://t3n.de/news/buffer-startup-buero-648210/). In D fällt mir aber kein so radikales Beispiel ein.
Irgendwie weiss ich nicht so recht, was an diesen Co-working Spaces eigentlich so hipp oder neu sein soll. Die Idee ist doch schon etwa 20 Jahre alt – und wurde damals auch schon praktiziert. Das waren damals Telezentren.
Auch das Arbeiten in ländlichen Regionen ist – ob als Co-working Spaces oder als Telezentren bezeichnet – nicht neu.
Oder was ist da neu?
Das würde ich gerne mal wissen – aber bitte nicht einfach nur sagen, dass das heute aufgrund verfügbarer Technik viel einfacher geworden ist.
Hallo Herr Pesch,
ich glaube, ich muss Sie ein Stück weit enttäuschen. Es ist tatsächlich die Technik und die Bandbreite, die heute ein solches Arbeit erstmals in der Fläche und für alle Unternehmen und Arbeitnehmer erschwinglich erlaubt. Hinzu kommt allerdings eine veränderte Einstellung zu den Potenzialen der digitalen Zusammenarbeit. Während es ehemals eher nur die Kosteneinsparung war, die im Mittelpunkt stand, reden wir heute auch sehr viel mehr um die nachhaltige Änderung von Geschäftsprozessen und Modellen, die mit dieser Form des Arbeitens sehr viel stärker als früher einhergehen. „Zukunft auf dem Lande“ oder „Familienfreundlichkeit“ erhalten dadurch einen gänzlich anderen Unterton als dies noch vor 10 Jahren (Stichwort Gedöns) der Fall gewesen ist.
VG
ow
Der meiner Meinung nach korrekten Antwort von Ole, möchte ich ergänzend anschließen, dass neben der Technik auch das Umdenken von Zusammenarbeit die aktuelle Entwicklung von Coworking Spaces beeinflusst. Viele Menschen in der heutigen Coworking-Szene haben eine Vergangenheit in der einen oder anderen Open-Bewegung. Unsere verschiedenen Wege brachten uns deshalb meist an einen solchen Ort, an dem es nicht allein um den Zugang zu einem Arbeitsplatz mit der technischen Möglichkeit der ortsunabhängigen Arbeit geht. Auch das Wie und Warum sind wichtige Faktoren, weshalb Menschen in ein Coworking Space gehen und nicht im Home Office arbeiten oder sich einen Platz in einer Bürogemeinschaft mieten.
Spannendes Thema. Vor allem die Frage, was die Unterschiede der verschiedenen Coworkingspaces sind und wo die Entwicklung hin geht. Während unsere „klassischen“ Coworkingspaces hier in Berlin noch von Freiheit und Abenteuer durchweht sind und vorwiegend kreative soziale startups mit sozialem, ökologischem oder kreativem Anspruch anziehen, hatte ich neulich im Amsterdamer Spaces, einem recht teuren Coworkingspace, eher den Eindruck überarbeiteter digitaler Konzerndienstleister, die unter dem Druck, sich ihren teuren Arbeitsplatz noch selbst finanzieren zu müssen eher traurig, einsam und müde wirkten. Das Ambiente wirkte es wie eine Mischung aus mittelpreisigem Möbelhaus und anonymem Uni-Lever-Ambiente. Das ist schon sehr verschieden, von dem liebevoll-morbiden Charme der mit ausgebeulten Sofas dekorierten Kreuzberger Fabriketagen.
Interessiert hätte mich auch, wie das längerfristige Coworking im Selbstversuch sich auf die Dauer mental auswirkt. Tobias Schwarz war ja mit seiner Freundin unterwegs. Normale Coworker sind allein und viele zahlen genau deshalb stunden- und tageweise Miete für ihren Arbeitsplatz, damit ihnen zuhause oder im Hotel nicht die Decke auf den Kopf fällt. Finden aber natürlich auch im Coworkingspace nicht das, was früher ein Kollege war: Jemanden, mit dem sie zusammen an einer Sache arbeitet, der vertraut ist, der auch emotional entlasten kann. Dennoch scheint Coworking und Collaboration irgendwie zu funktionieren. Wie geht das mit relativ fremden Menschen? Was braucht es dazu? Wie und über welche Brücken finden die Leute im Coworkingspace zusammen?
Auch hier sehe ich eklatante Unterschiede: Es gibt das Modell Café W-Lan, wo die Nutzer völlig anonym nebeneinander her arbeiten sich allenfalls von der konzentrierten Arbeitsatmosphäre der anderen anstecken lassen. Und es gibt Coworkinspaces, die Programme aufsetzen, die die User projektspezifisch zusammenbringen und von Pitch bis zum Crowdfunding mit Training, Beratung und Workshops begleiten, wie das social impact lab in Kreuzberg. Ich kann mir gut vorstellen, dass solche „intelligenten“ Coworking-Angebote vor allem für Menschen „in between jobs“, bzw. „in between projects“ immer wichtiger werden. Denn wenn das laufende Projekt gerade zu Ende geht, fängt bei den anderen vielleicht gerade ein neues Projekt an, für das Leute gebraucht werden.
Wenn aber der Coworkingspace am meisten gebraucht wird – nämlich in between projects, dann wird er für viele am schwersten zu finanzieren. Dafür brauchen wir eine arbeitspolitische Lösung.
Hallo Frau Eybisch-Klimpel,
die Frage nach dem mentalen Zustand einer solchen Reise ist sehr gut, leider aber nicht eindeutig untersucht bzw. überhaupt klar zu beantworten.
Zum einen ist es eine große Typen-Frage, denn Coworking Spaces bieten einem zwar auch an neuen Orten die Möglichkeit des Zugangs zu einer existierenden Community – und das leichter, als wenn einfach so in einer andere Stadt fährt – zum anderen muss man selbstverständlich aber auch in der Lage sein, einem unbekannte Menschen anzusprechen. Wenn man das kann, ist es meiner Erfahrung nach sehr einfach, denn die Menschen in einem Coworking Space ähneln einem oft in der Denkweise und den Interessen.
Zum anderen würde ich eine Reise durch Coworking Spaces nicht mit dem Leben von Digital Nomads vergleichen. Dass meine Freundin dabei war, tat uns beiden sehr gut. Ich kenne auch eigentlich nur Paare, die ähnlich viel reisen. Dies alleine zu tun, geht zwar auch, erfordert aber meiner Meinung nach die im vorangegangenen Absatz erwähnten Fähigkeiten des Anschluss finden. Ich persönlich kann mir nur bedingt vorstellen, alleine zu reisen. Was Freunde und Familie angeht, ist das aber nicht viel anders, als wenn ich in Berlin wohne, meine Familie in Magdeburg und meine Freunde in München.
Bis denn, dann… Tobias Schwarz