Vor zwei Jahren trat das neue Verpackungsgesetz in Kraft. Es verpflichtet Restaurants und Anbieter von „To-Go“-Essen dazu, auch Mehrwegverpackungen anzubieten. Doch trotz dieser gesetzlichen Vorgaben herrscht unter Expert:innen und Beteiligten der Mehrwegallianz große Enttäuschung über den bisherigen Fortschritt. In Zusammenarbeit mit Project Together haben meine Kollegin Dr. Alexandra Schmied und ich zahlreiche Interviews mit Stakeholdern der Mehrwegallianz geführt. Der dazugehörige Report wird bald veröffentlicht und die Initiative „Mehrweg.einfach.machen“ hat kürzlich ein umfassendes Policy Paper herausgebracht.
Aber was sagt die persönliche Wahrnehmung?
Mehrweg beginnt im eigenen Verhalten
Wer sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt, kommt zwangsläufig nicht umhin, sein eigenes Verhalten zu hinterfragen. Die traurige Realität des Klimawandels lässt uns nicht unberührt, und wir beginnen, unser Konsumverhalten bewusster zu gestalten. Brauche ich wirklich ein Auto? Kann ich nicht häufiger öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder mit dem Fahrrad fahren? Muss ich so viel fliegen? Und im Alltag überlege ich, ob ich Essensreste nicht lieber in wiederverwendbaren Behältern statt in Plastikfolie aufbewahren sollte.
Auch das Thema Mehrweg hat mein persönliches Verhalten beeinflusst. Während unserer Interviews und Analysen zum Verpackungsgesetz, das vor zwei Jahren eingeführt wurde, fiel mir auf, dass sich nicht nur mein eigenes Verhalten veränderte, sondern auch das der Menschen um mich herum.
Mehrweg in der Praxis – Erkenntnisse aus dem Alltag
Ohne mein Engagement in diesem Bereich wäre mir wahrscheinlich gar nicht aufgefallen, dass es überhaupt eine Gesetzesänderung gegeben hat. In einigen Fast-Food-Restaurants ist es nun möglich, Getränke in Mehrwegbehältern zu bestellen. Doch diese Option kostet oft mehr, und es gibt kaum Informationen darüber, wie das System funktioniert. Wo gebe ich den Becher zurück? Wie erhalte ich mein Pfand zurück? Solche Fragen werden nicht klar beantwortet – und wenn man schnell einen Kaffee möchte, hat man selten die Muße, das erst mühsam herauszufinden.
Besonders auffällig ist die Situation unterwegs. Wenn ich mir „Kaffee to go“ bestelle, schaue ich gezielt darauf, wie die anderen Gäste ihre Getränke transportieren. Mehrwegbecher sehe ich dabei so gut wie nie. An einer Raststätte freute ich mich, als ich Mehrwegbecher auf der Theke sah. Doch als ich die Bedienung bat, mir meinen Kaffee in einem Mehrwegbecher zu geben, erhielt ich am Ende doch einen Einwegbecher.
Mehrweg in Zahlen – Die Ernüchterung
Ein Blick auf die Zahlen bestätigt meine Beobachtungen: Seit Einführung des Gesetzes ist die Nutzung von Mehrwegverpackungen nur von 0,6 % auf 1,7 % gestiegen. Das bedeutet, dass nach wie vor über 98 % der verkauften Lebensmittel in Einwegverpackungen über die Theke gehen (Quelle: Policy Paper *Mehrweg.einfach.machen*).
Das Gesetz erfüllt zwar den Zweck, eine Regelung für Mehrwegverpackungen zu schaffen. Doch die Umsetzung ist mangelhaft. Viele Menschen wählen weiterhin den bequemeren Weg und greifen zu Einwegverpackungen. Die Herausforderung liegt also nicht nur in der Bereitstellung von Mehrwegoptionen, sondern darin, diese für die Konsument:innen attraktiv und einfach nutzbar zu machen.
Was braucht es wirklich für Veränderung?
Wenn wir wirklich nachhaltige Veränderungen erreichen wollen – und das müssen wir angesichts der zunehmenden Klimakrise – müssen wir uns mit der Frage beschäftigen, was das gewünschte Verhalten fördert. Es reicht nicht aus, nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Wir müssen auch die psychologischen und soziologischen Mechanismen berücksichtigen, die das Verhalten der Menschen beeinflussen. Es geht darum, Mehrweg zur einfachsten und attraktivsten Wahl zu machen.
Und wie immer gilt: Der Wandel beginnt bei uns selbst.
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