Dass die Art unseres Wirtschaftens und Konsumlebens, das durch stetiges Wegwerfen und Verbrennen von wertvollen Ressourcen geprägt ist, kein Weg in die nachhaltige Zukunft sein kann, ist relativ offensichtlich. Von daher sind alle Entwicklungen hin zu einer Kreislaufwirtschaft (CE) zu unterstützen. Auch wir in unserem Projekt verfahren nach dieser Maxime. Immer häufiger finden Veranstaltungen zum Austausch und Information rund um dieses Thema statt, regionale Initiativen bilden sich zur Unterstützung von Unternehmen, die Politik arbeitet mit Hochdruck an der NKWS (Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie). Ob dies zu der der notwendigen Transformation führt, um einen entscheidenden Anteil an der Erreichung der gesetzten Nachhaltigkeitsziele auszumachen, bleibt abzuwarten, so die Zahlen des Deloitte CE-Gap-Reports. 

Die Rolle der CE in der betrieblichen Nachhaltigkeitstransformation 

Die Circular Economy hat sich im letzten Jahr zu einem der entscheidenden Themen in unserer Arbeit zur betrieblichen Nachhaltigkeitstransformation entwickelt. Immer breiter wird die längst fällige Diskussion über Abfallentsorgung hinaus darüber geführt, wie durch die Prinzipien der R-Strategien (refuse, rethink, reuse, reduce, repair, refurbish, remanufacutre, recover,  recycle) ressourcenschonender produziert werden kann. Auch in unserem Team beteiligen uns daran und versuchen, die Hebel entsprechend zu verstärken.  

Gemeinsame Anstrengungen und rechtliche Entwicklungen in der CE 

So arbeiten wir gemeinsam mit Circular Futures an einem „Learning Report“ zur Arbeit der Mehrwegallianz. Eine unserer frühen Erkenntnisse im Rahmen einer Interviewreihe zur doppelten Transformation war, dass sich nachhaltig agierende Unternehmen eine stärkere Rolle in der Regulierung wünschen. Der Grund dafür liegt in einem stetigen Wettbewerbsnachteil, der gegenüber Unternehmen ohne besondere nachhaltige Strategien grundsätzlich besteht. In Form des Verpackungsgesetztes (VerpackG3) ist diesem Wunsch Folge geleistet worden – seit letztem Jahr müssen für „Essen to Go“ sowie für Fast Food auch Mehrwegverpackungen durch die sogenannten Letztvertreibenden (z.B. Gaststätten usw.) angeboten werden. Im Rahmen von Interviewreihen fragen wir nun die Stakeholder, wie sie die Umsetzung bewerten.  

Im März fand eine Veranstaltung in Partnerschaft vom WWF, der BDI Initiative CE und der Bertelsmann Stiftung in Berlin zu Circular Economy statt, in dessen Rahmen neben einer Studienvorstellung des WWF und eines Status-Update durch die Umweltministerin Stefanie Lemke spannende Diskussionsrunden um CE durchgeführt wurden.  

Wir durften bei der Gründung von Green OWL – eine Initiative, die viele Akteure der Region Ostwestfalen Lippe zum Thema Nachhaltigkeit zusammenbrachte – begleiten. Und wir schauen uns Schulungskonzepte an, die Unternehmen befähigen sollen, zirkuläre Ideen umzusetzen – aktuell das CIRCO-Konzept der Effizienzagentur NRW. 

Darüber hinaus findet ein regelmäßiger Austausch mit unseren Partnern von Circular OWL, Project Together und auch weiteren Stakeholdern wie Circular Valley, Circular Republic oder auch dem Bundesverband für nachhaltige Wirtschaft e.V. statt.  

Schlüsselaspekte für den Erfolg der Circular Economy in Unternehmen 

Auf dem Weg dazu, Circular Economy zu einem wesentlichen Bestandteil der (deutschen) Wirtschaft zu machen, haben sich in Bezug auf die Unternehmen folgende Punkte für mich als besonders wichtig herauskristallisiert:  

1. Circular Economy ist voraussetzungsvoll 

Bei der Integration von Circular Economy in ein Unternehmen ist eine Infrastruktur notwendig, die eine nicht unerhebliche Komplexität mit sich bringt. So braucht es zunächst einmal bei der Verwendung von Materialien oder Teilen bzw. den Fertigungsverfahren überhaupt die kreislauffähige Idee, die nicht selten von Start-Ups erdacht und umgesetzt worden ist. In diesem Zusammenhang haben sich vor allem regionale Netzwerke als die Akteure herausgestellt, die genau solche „Pitches“ ermöglichen und voranbringen. Die Unterstützung kommt insoweit häufig von Kommunen, Kreisen und dem ansässigen wirtschaftsnahen Umfeld, wie z.B. Verbänden, Wirtschaftsförderungen und geförderten Projekten gezielt zu CE.  

Nicht zuletzt die gesetzlichen Rahmenbedingungen spielen eine große Rolle: Was ist erlaubt, welche Stoffe oder Verarbeitungen sind verboten? Dabei liegt der Blick –auf europäischer, nationaler-, landes- und kommunale Ebene. Ebenso zahlreich sind aber auch andersherum Fördermöglichkeiten und Unterstützungsangebote.  

Um sich mit all dem neben der reinen Umsetzung einer Geschäftsidee auseinanderzusetzen, braucht es schon die feste Überzeugung, das Richtige für das Unternehmen aber auch die Umwelt zu tun.  

2.  Circular Economy ist nicht der Einstieg für Unternehmen zu mehr Nachhaltigkeit 

In der Nachhaltigen Transformation auf betrieblicher Ebene ist das Thema Circular Economy nicht das allererste Thema, das in Angriff genommen wird. Gerade bei den klassischen KMU ist die Veränderung hin zu mehr Nachhaltigkeit ein nicht einfacher Weg – allein deswegen, weil es an Stabsabteilungen fehlt und Veränderungen neben dem Tagesgeschäft „on top“ geleistet werden müssen. Wegen des doch vergleichsweisen hohen Aufwandes ist daher CE nicht der erste Schritt, den diese Unternehmen gehen. Üblicherweise starten sie ihren Weg eher mit einer Status-quo-Analyse wie einer der klassischen CO2-Bilanz. Erst wenn die sogenannten „low hanging fruits“ eingesammelt sind und man sich weiter in das Thema einarbeitet, kommt die Frage nach möglicherweise anderen Materialien oder der Wiederverwendung von Teilen in das Blickfeld. Bis dahin hat dann in der Regel auch schon eine Veränderung des Mindsets stattgefunden, so dass die durchaus nicht leichten Veränderungen als Investitionen gesehen und in Angriff genommen werden.  

Bei der Aufbereitung der Informationen zu CE sollte also bedacht werden, an welchem Punkt der Transformation ein Unternehmen üblicherweise steht – wieviel Transformation hat es schon hinter sich und welches Know-How kann vorausgesetzt werden. Die Erkenntnis, warum ressourcenschonendes Verhalten notwendig ist, kann bei Einstieg in dieses Thema dann auch schon als bekannt vorausgesetzt werden.  

3. Digitalisierung ist eine unverzichtbare Grundvoraussetzung 

Die Corona-Zeit hat die Digitalisierung in den Unternehmen vorangebracht. Neben der reinen Technisierung hat auch die Methode des digitalen Arbeitens stark zugenommen. Doch reicht dies aus?  

Gerade wenn man sich mit Materialeigenschaften und Ersatzteilen befasst, sind Daten unverzichtbar: Sie sind das Vehikel der Informationen, mit deren Hilfe man im Unternehmen entscheiden kann, ob das Material, der Stoff oder das Teil verwendet werden kann. Aktuell wird an der Einführung des digitalen Produktpasses gearbeitet, der ab 2025 gesetzlich für Batterien vorgesehen ist. Zu bedenken ist, welch ungeheure Datenmengen entstehen werden: Jede Schraube hat einen eigenen Produktpass, auf dem die Eigenschaften festgehalten sind. Diese Schraube hält Teile zusammen, die wiederum in ihrer Gesamtheit als neues Teil einen eigenen Produktpass erhalten. Dies setzt sich fort bis hin zum letztendlichen Produkt. Aktuell stellt sich die Frage, ob diese Datenmengen überhaupt verarbeitet werden können und die notwendigen Infrastrukturen sowie digitalen Kompetenzen vorhanden sind. Sollte dies nicht der Fall sein, stellt sich erneut die Frage, wie gerade deutsche Unternehmen in ihrem Versuch des nachhaltigen Handelns in Europa und weltweit mithalten können.  

4. Ohne Veränderung des Mindsets keine CE 

Wie immer bei Veränderungsprozessen beginnt dieser im Kopf. Ohne das Verständnis für die Notwendigkeit der Veränderung und deren Voraussetzungen werden diese nicht vonstatten gehen können. Nun sind Unternehmen, auch wenn man sie sprachlich immer wie eine Person behandelt, von einer Vielzahl von Menschen getragene Organisationen. Sie sind ein soziales System. Das bedeutet, dass auch alle diese Menschen mit ihren unterschiedlichen Rollen, die in ihrem Zusammenwirken die Geschäftsidee umsetzen, auch die gleiche Zielrichtung verfolgen müssen. Soll ein nachhaltiges Produkt entwickelt werden, muss dies vor allem von ganz oben gewollt sein und auch die entsprechenden Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Trägt die mittlere Führungseben dies nicht und wird auch zum Beispiel in der Entwicklungsabteilung nicht mitgedacht, wird es schlicht kein nachhaltiges Produkt geben. Ebensowenig wird dies verkauft werden können, wenn das Marketing nicht genau diese Eigenschaften in den Vordergrund stellen kann. Es geht also nicht nur um einen einfachen Ersatz von Materialien oder einer Änderung des Produktes, sondern um ein Umdenken, was man erreichen will und einer entsprechenden Zusammenarbeit. In der Regel wird dies bei solch komplexen Vorhaben nur gelingen, wenn sowohl das Top-Down als auch das Bottom-Up funktioniert und gelebt wird.   

5. Gesetzliche Rahmenbedingungen 

Ein Punkt, der keiner Erläuterung mehr bedarf: Sollen Unternehmen ressourcenschonend agieren, werden sie es in vielen Fällen nicht freiwillig tun und benötigen Anreize und Rahmensetzungen, die genau dies fordern und ermöglichen, wie uns auch die Unternehmen in der o.g. Interview-Studie bestätigt hatten. 

 

Veränderungen in diesem Ausmaß sind keine Kleinigkeit – aber für uns alle überlebenswichtig. Die Zeit, um diese Prozesse in Ruhe und sorgsam in Gang zu bringen, haben wir leider nicht mehr. Anstrengungen sind notwendig, um noch Schlimmeres zu verhindern. Aber die Bereitschaft der Unternehmen ist da. Gerade Kleine und mittlere Unternehmen benötigen aber Unterstützung dabei. Vor diesem Hintergrund freue ich mich auf die weiter zunehmende Bedeutung des Themas Circular Economy und der immer größer werdenden Community, die sich diesem Ziel widmet. 

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