Unternehmens-Forum zu Gast in der Bertelsmann Stiftung
„Starten mit Zirkulärer Wertschöpfung“ Schwerpunkt: Treibhausgas-Bilanzierung
Zirkuläres Wirtschaften ist für viele Unternehmen und Fachleute neu. Der Verein Deutscher Ingenieure OWL e.V., die Food-Processing initiative e.V. und die Wirtschaftsförderung Gütersloh hatten zum Unternehmens-Austausch eingeladen. Gastgeber war die Initiative CircularOWL.
Einen guten Einstieg ins Megathema Zirkuläre Wertschöpfung bietet eine Treibhausgasbilanz. Sie zeigt klar auf, wo große Hebel liegen: Welche Produktions-Prozesse gehören auf den Prüfstand? Welche Produkte und Dienstleistungen müssen überdacht werden?
In der Theorie ist das ganz einfach: es müssen nur alle eingekauften Energiemengen und Kaufteile aufgelistet und mit ihren CO2 -Faktoren multipliziert werden.
Peter Brünler, pro Wirtschaft GT, zeigte im Einstiegsvortrag auf, worin die Herausforderungen liegen. „Denn der Teufel steckt bekanntlich im Detail“, so Brünler. „Während die jährlichen Abrechnungen für Strom, Wärme, Treibstoffe und Brennstoffe recht leicht zu sortieren und auszuwerten sind, wird es bei eingekauften Rohstoffen, Waren und Baugruppen schnell unübersichtlich. Gut, dass sich zwei Fachleute aus heimischen Betrieben bereit erklärt haben, ihre Erfahrungen zu teilen“, leitet Brünler zu den Erfahrungsberichten und Empfehlungen der Unternehmensvertreter:innen über.
- Sylvia Düpmann von der Düpmann GmbH & Co. KG (Borholzhausen, Lebensmittelproduktion) hat gezeigt, welche Überraschungen CO₂-Analyse liefern kann: Nach der Analyse war klar, dass es sich lohnt, die Leerfahrten der betriebseigenen LKW zu vermeiden. Heute hat Firma Düpmann eine Zulassung für den Güterkraftverkehr, und transportiert mit modernsten LKW auch Speditionswaren aus den eigenen Liefergebieten nach Ostwestfalen. Dadurch haben die eigenen Fahrzeuge eine bessere Auslastung und es wird ein wenig zur Verringerung von LKW-Verkehr auf den Straßen beigetragen. „Die CO2-Bilanz „gate-to-gate“ ist für uns und unsere Kunden nur bedingt aussagekräftig, hat uns aber gezeigt, wo wir intern handeln können und müssen. Spannender wird die „cradle-to-gate“ Bilanzierung – gerade auch im Hinblick auf die weitere Verschiebung der Rohwareneinkäufe auf Drittländer durch die zum Teil schwierige Versorgungslage. In diesem Zusammenhang rückt auch der Begriff „Regionalität“ leider wieder ein wenig in den Hintergrund.“
- Bei der Windmöller GmbH hat die CO₂-Analyse zur Neu-Entwicklung von Fußbodenbelägen geführt. Dr. Hohberg, Vertriebsleiter OEM / Bodensysteme, berichtete in der Runde, dass statt fossiler Rohstoffe (Erdölprodukte) mehr und mehr nachwachsende Rohstoff verwendet werden, z.B. Rizinus-Öl. Nachhaltige ecuran „Öko-Böden“ haben bei Windmöller etwa 60 % Anteil am Umsatz. Tendenz steigend. Er berichtete von seinen Erfahrungen mit dem EPD (Environmental Product Declaration, auch LCA genannt, ist eine Produkt-Lebenszyklusanalyse, auch bekannt als Umweltbilanz, Ökobilanz oder englisch life cycle assessment). Es handelt sich dabei um eine systematische Analyse der potenziellen Umweltwirkungen und der Energiebilanz von Produkten während des gesamten Lebensweges. Bei der Unternehmens-Treibhausgasbilanz geht es um den unternehmensbezogenen Treibhausgasausstoß, der in Scope 1, 2 und 3 unterteilt wird. Er empfahl, die Scope 1&2 Daten selbst zu generieren und nicht durch einen Dienstleister. „Denn wenn ich es selbst mache, lerne ich mein Unternehmen noch besser kennen und nehme die Hebel wahr, wo ich ansetzen kann und wo meine Innovationspotentiale sind“, so die Empfehlung von Thomas Hohberg.
Nach der Theorie und den Praxisbeiträgen ging es in den Erfahrungsaustausch zu drei konkreten Fragestellungen:
Welche Stolpersteine sind in der Praxis zu berücksichtigen?
Die Gruppe bezeichnete die neue EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), als Herausforderung. Bezogen auf eine CO2-Analyse wurde die Datenpflege für Scope 3 (indirekte Emissionen innerhalb der Wertschöpfungskette) als aufwendig wahrgenommen. „Die Datenpflege ist einfach eine Daueraufgabe“, resümierte Manuel Tölle, Nachhaltigkeitsmanager bei der POS Tuning GmbH. Trotz unterschiedlicher Branchen waren sich die Teilnehmenden einig, dass die Kundenanforderungen „Stolpersteine“ sind, weil die Kunden unterschiedliche Zertifizierungen verlangen. Für eine Stadtentwicklungsgesellschaft stellt der Altbestand der Häuser eine Herausforderung für Treibhausgasbilanzierungen dar. Realisierbar ist es, die Bilanzen für Neubauten und renovierte Gebäude zu machen. (Moderation: Friederike David, VDI OWL)
Wie gelingen ein Life Cycle Assessment oder ein plausibler Product Carbon-Footprint?
Die Gruppe freute sich über einen intensiven bis hin zu wissenschaftlichem Austausch. Eine wichtige Erkenntnis liegt im Unterschied zwischen generischen und spezifischen CO₂-Faktoren. Generische CO₂-Faktoren sind relativ einfach zu finden (in Datenbanken), beinhalten aber oft Durchschnitts- und Pauschal-Werte. Spezifische CO₂- Faktoren sind hingegen schwieriger zu ermitteln (z.B. durch Anfrage bei Lieferanten), dafür sind die Werte oft genauer und meist auch geringer als die Datenbankwerte. (Moderation: Peter Brünler, prowi GT)
Welche Maßnahmen lohnen sich nach der Treibhausgasbilanz?
Die Gruppe hat festgestellt, dass die CO2 Bilanz wichtige Erkenntnisse für konkrete CO2-Reduktionsziele und für die Priorisierung von Maßnahmen bringt. In Scope 3 hat die Produktenwicklung einen wesentlichen Einfluss auf die CO2 Emissionen. In Scope 1 werden Synergien offenbar, bspw. Transport mit eigenen Fahrzeugen. (Moderation: Anja Vogel, EfA NRW)
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