Deutschlands Wissenschafts-, Technologie- und Innovationssystem muss sich den durch globale Schocks und die digitale und ökologische Transformation verursachten Herausforderungen stellen. Die sozioökonomischen Folgen der Coronapandemie und die Auswirkungen des russischen Kriegs in der Ukraine haben Schwachstellen in Deutschlands exportorientiertem Wirtschaftsmodell aufgezeigt: Eine zu starke Abhängigkeit von Energie aus Russland, eine andauernde Abhängigkeit von fossilen Energieträgern, eine schleppende Digitalisierung sowie konzentrierte und störanfällige Lieferketten der deutschen Industrie.
Daher brauchen wir einen tiefen Wandel und eine Transformation in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik, um diese verschiedenen systemischen Krisen in den Bereichen Klima, Ressourcen, Globalisierung, Biodiversität und Gesundheit gleichzeitig und effektiv zu adressieren und resiliente Lösungen zu erarbeiten – und das in einem kurzen Zeitraum unter Einbezug sozialer Ausgleichsmechanismen.
Vor diesem Hintergrund wird von einer dreifachen Transformation gesprochen, die nachhaltig, digital und sozial ist!
Noch weitergedacht, muss sich die Wirtschaft auch in Richtung Regeneration entwickeln. Regeneratives Wirtschaften geht über Effizienzorientierung hinaus und zielt auf eine positive Nettoauswirkung ab.
Unterlegt werden diese Entwicklungen seit Ende 2019 u.a. durch den Green Deal mit seinen vielfältigen Anforderungen und Auswirkungen insbesondere hinsichtlich einer Circular Economy und weiteren gesetzlichen Initiativen wie z.B,
- die Ökodesign Richtlinie im Rahmen des Circular Economy Action Plans
- die Sustainable Product Initiative
- die EU Taxonomie Verordnung
- das ElektroG3
- das Landesabfallgesetz NRW 2022
- die Industriestrategie 2030 des BMWK und
- den Digitalen Produktpass.
Warum es linear nicht weiter geht
Die bislang lineare Wirtschaft ist nicht einfach zu überwinden, weil sie als erfolgreich galt und noch gilt – da kostengünstig und Wachstum generierend. Sie konnte bzw. kann auf ein geschlossenes und damit konsistentes System an Regulierungen aufbauen, das über Jahrzehnte immer weiter angepasst und optimiert wurde. Daraus ergeben sich deutlich sichtbare Pfadabhängigkeiten, die den Übergang zu einer Circular Economy erschweren.
Gleichzeitig scheinen zirkuläre Geschäftsmodelle im Vergleich zu den eingespielten Modellen der Wegwerfgesellschaft massive Transaktionskosten zu produzieren. Diese Betrachtung unterliegt allerdings einer Verzerrung. Denn, im linearen System wurden insbesondere Umwelt-Kosten (= für Ressourcenentnahme, Recycling und Umweltschäden in und außerhalb Deutschlands) nicht einbezogen bzw. auf andere Akteur:innen als die produzierende Industrie (als Verursacherin dieser Kosten) verlagert. So konnte lange Zeit eine Erfolgsbilanz für die deutsche Industrie und damit die lineare Wirtschaft geschrieben werden.
In welche Richtung müssen Industrie und Wertschöpfungsnetzwerke umdenken?
Wir müssen uns von einer Abfallentsorgungswirtschaft auf eine Sekundärrohstoff-Wirtschaft umstellen. Da sich wie eingangs ausgeführt die Rahmenparameter wirtschaftlicher Entwicklung stark verändert haben, ist die Industrie betroffene wie treibende Kraft der Veränderung geworden – hier wird es ein „Weiter-so“ nicht geben! Rohstoffe und Energie werden auf den internationalen Märkten immer teurer und knapper, die Weltmärkte verändern sich stark und fordern neue Strategien. Gleichzeitig sind Industrieanlagen die zweitgrößte Emissionsquelle für CO2 in Deutschland.
Somit steht die deutsche Industrie der Herausforderung gegenüber, ressourcen- und energieschonend zu produzieren und möglichst bald auf erneuerbare Energien und alternative Ressourcen umzusteigen.
Dies kann einerseits über ressourceneffiziente Prozessveränderungen erfolgen, aber auch vor allem über Produkt- und Geschäftsmodellinnovationen. Der Aspekt des “Overengineerings” spielt hier eine zentrale Rolle – sowohl mit Blick auf die Ressourcendiskussion und die Konzentration auf Kernfunktionalitäten als auch auf die robustere und nachhaltigere Gestaltung von Produkten.
Zudem zeigt sich das Wachstum auf den High-Tech Märkten zunehmend als begrenzt und hart umkämpft. Gleichzeitig ändern sich Märkte und deren spezifische Kundenbedürfnisse hin zur Maxime der „affordable excellence“ – der Qualität zu mittleren und günstigeren Preisen, die im Kern ebenfalls auf einer Ressourcenschonung basiert. Dieses sind die zukünftigen Wachstumsmärkte und zwar nicht nur in Schwellen-, sondern auch in Industrieländern. China hat dies in seiner Industriestrategie „Made in China 2025“ bereits erkannt. Deutschland als exportorientiertes Industrieland muss sich hiermit auseinandersetzen und eine eigene Strategie entwickeln, die gleichzeitig klimafreundlich und wirtschaftlich resilient sein kann. Die Circular Economy ist dafür eine Voraussetzung!
Wir laden herzlich zu unserem 1. BarCamp am 16. März 23 ein
Weitere Informationen und die Möglichkeit sich direkt anzumelden gibt es hier: Willkommen bei CircularOWL – Zukunft der Nachhaltigkeit
Autorenteam:
Ulrike Künnemann, InnoZent OWL e.V.
Almut Rademacher und Dr. Angelika Kipp, owl maschinenbau e. V.
Markus Kürpick, wfg Wirtschaftsförderung Kreis Soest GmbH
Veronika Kowolik, Neue Effizienz gemeinnützige GmbH
Dr. Holger Berg, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH
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