Die nächsten zehn Jahre entscheiden darüber, in welcher der vielen möglichen Zukünfte wir leben werden. Die Naturwissenschaft hat Kippunkte identifiziert, deren Überschreitung zu unumkehrbaren Veränderungen der Rahmenbedingungen führt, die unserer Existenz zugrunde liegen. Neben der Politik und der Gesellschaft sind es nun vor allem die Unternehmen, die gefragt sind, die verbliebene Zeit zu nutzen, um aktiv an einer Transformation hin zu einer nachhaltigeren Zukunft mitzuwirken. Mit dem Sustainability Transformation Monitor befragen wir Unternehmen der Real- und Finanzwirtschaft, um den aktuellen Grad dieser Transformation zu messen und wichtige Treiber und Hemmnisse für weiteren Fortschritt aufzuzeigen. Die Ergebnisse des ersten Monitors wurden nun, im Januar 2023 in Berlin, vor versammelten Fachpublikum präsentiert.

Nachhaltigkeit ist, trotz Krisen, heute wichtiger denn je in der Wirtschaft

Das Jahr 2022 war geprägt von multiplen Krisen. Die wirtschaftlichen Folgeschäden der Coronakrise, so wie die breiten Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, bedeuteten für Europa nicht nur eine politische und gesellschaftliche „Zeitenwende“, sondern auch eine wirtschaftliche Phase der Ungewissheit, geprägt von steigender Inflation und mangelnden Ressourcen. Die ersten Ergebnisse des Sustainability Transformation Monitors (STM) zeigen, dass das Thema Nachhaltigkeit trotz aller Krisen einen Spitzenplatz in den Geschäftsüberlegungen von Unternehmen darstellt und an Wichtigkeit immer weiter zunimmt. 84 Prozent der Verantwortlichen für Nachhaltigkeit in Unternehmen der Realwirtschaft sagen, das Thema Nachhaltigkeit sei im letzten Jahr für ihr Unternehmen „wichtiger“ oder „viel wichtiger“ geworden. In der Finanzwirtschaft liegt der Wert mit 73 Prozent nicht viel niedriger. Wie wichtig viele Topmanager:innen das Thema nehmen, zeigt sich auch daran, wo die Verantwortung für Nachhaltigkeit in den Unternehmen verankert ist. Knapp 58 Prozent der Befragten in der Realwirtschaft geben an, der Vorstand sei verantwortlich. In der Finanzwirtschaft gilt das für rund 49 Prozent der Firmen. Bei 41 Prozent der Befragten der Realwirtschaft gibt es eine eigene Abteilung für Nachhaltigkeit, in der Finanzbranche sind es immerhin noch 35,5 Prozent.

Generell zeigt sich, dass das Thema Nachhaltigkeit etwas stärker im Bewusstsein der Realwirtschaft verankert ist, als in der Finanzwirtschaft, was sich zum einen durch einen höheren Grad an Exponiertheit realwirtschaftlicher Unternehmen gegenüber Konsumenten erklärt und zum anderen dadurch, dass in der Realwirtschaft bereits früher entsprechende Regulierungen stattgefunden haben.

Nachhaltigkeit ist bislang zu selten an die Vergütung gekoppelt

Allerdings bleiben vielfach zentrale Hebel noch ungenutzt. In fast drei Viertel der Unternehmen (Realwirtschaft: 72 Prozent, Finanzwirtschaft: 74 Prozent) ist die Vergütung der Mitarbeiter:innen nicht an das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen geknüpft. Weniger als 20 Prozent der Befragten geben an, für das mittlere Management oder die Geschäftsführung existiere eine derartige Kopplung.

Konkrete Klimaziele hat sich bislang nur rund ein Drittel der Unternehmen der Realwirtschaft und lediglich ein Viertel der Finanzwirtschaft gegeben. Allerdings dürfte diese Zahl nach oben schnellen, denn 43 Prozent der Befragten aus der Realwirtschaft und 33 Prozent aus der Finanzwirtschaft geben an, die Formulierung von Klimazielen sei „in Vorbereitung“. Der Monitor zeigt auch, wo die größten Hemmnisse bei der Transformation liegen: bei der Ausstattung mit Ressourcen und der Umsetzungskompetenz in den Unternehmen. So nennen 64 Prozent der Vertreter:innen aus der Realwirtschaft mangelnde finanzielle und personelle Ausstattung als relevantes Hemmnis.

Junge Generation ist wichtigster Treiber der Transformation

Eindeutig fällt die Antwort auf die Frage aus, wer die Treiber der Transformation sind. 72 Prozent der Befragten sehen die junge Generation als den wichtigsten Treiber. Doch stehen die Jugendlichen hier nicht allein da. Denn fast ebenso viele sehen ihre Geschäftsführung als diejenigen, die die Transformation voranbringen. An dritter Stelle werden die Medien genannt (64 Prozent). Nur wenige sehen die Gewerkschaften als Treiber (30 Prozent).  Siehe auch Beitrag: Was halten junge Menschen vom Thema „Nachhaltigkeit“? – Zukunft der Nachhaltigkeit

Geldgeber:innen sind stark an Fortschritten in Sachen Nachhaltigkeit interessiert

Erklärtes Ziel des Monitors ist es auch, die Verzahnung der Real- und Finanzwirtschaft im Bereich der Nachhaltigkeitstransformation abzubilden und Wege zu einem besseren Zusammenspiel aufzuzeigen. Hier zeigt sich bei den Ergebnissen des STM23, dass insbesondere bei kapitalmarktorientierten Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit eine größere Rolle spielt als bei den übrigen Firmen. 73 Prozent von ihnen sagen, die Geldgeber:innen seien an der Nachhaltigkeitstransformation ihres Unternehmens interessiert. 56 Prozent geben an, das Thema sei „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“ bei der Finanzierung Ihres Unternehmens.

Bei den nicht-kapitalmarktorientierten Unternehmen sind es 59 beziehungsweise 45 Prozent. Nachhaltigkeit ist bei Banken und privaten Investoren mit 41 Prozent und 45 Prozent am stärksten verankert, hier hinken Versicherungen (31 Prozent) und die öffentliche Hand (30 Prozent) hinterher. Wirtschaftliche Motive sind in der Finanzwirtschaft wichtigster Grund, um nachhaltige Produkt- und Serviceportfolios anzubieten. Minimierung und Management von Risiken stehen als Argument für ein nachhaltiges Produkt- und Serviceportfolio an zweiter Stelle.

Über den Monitor und wie es weiter geht

Für den Sustainability Transformation Monitor wurden von September bis November 2022 die Antworten von 735 Mitarbeiter:innen ausgewertet, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen. Davon stammen 268 Personen aus der Realwirtschaft und 467 aus der Finanzwirtschaft in Deutschland. Der Sustainability Transformation Monitor wird künftig im Jahresrhythmus die Veränderungsprozesse in Real- und Finanzwirtschaft analysieren, um Treiber, Erfolgsfaktoren und Hemmnisse zu identifizieren, die auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit relevant sind. Zwischenjährlich sollen themenspezifische Tiefenbohrungen und Fachworkshops die Arbeit des Monitors ergänzen.

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Sustainability Transformation Monitor 2023
Sustainability Transformation Monitor 2023
Ziel des Sustainability Transformation Monitor (STM) ist es, die Nachhaltigkeitstransformation der Wirtschaft evidenzbasiert abzubilden und den Status-Quo und die Treiber und Hemmnisse zu erheben. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem effektiven Zusammenwirken von Real- und Finanzwirtschaft in der Transformation hin zu nachhaltigeren und damit widerstandsfähigeren Wirtschaftsstrukturen.
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