Von radikalem Wandel und neuen Idealen

Für viele Unternehmen verändert sich die Welt immer rasanter: der Wettbewerbsdruck steigt, Märkte ändern sich immer schneller, und die digitale Transformation gleicht einem Hochleistungssprint. Der Kampf um qualifizierte Talente wird härter, Führungskräfte gestresster und Mitarbeiter zunehmend unzufriedener.

Die Gesellschaft ist in Bewegung und stellt für die Wirtschaftswelt neuartige Fragen in den Vordergrund: reicht es, wenn Unternehmen Gewinne generieren, oder sollten sie nicht genauso energisch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und sich der Nachhaltigkeit verschreiben? Ist das stete Streben nach finanziellem Wachstum das richtige Ziel?

Der Wunsch nach Veränderung

Viele Beteiligte in unseren Wirtschaftssystemen wissen und fühlen, dass die gewohnten Denkparadigmen, Ansätze und Verhaltensweisen in den Unternehmen häufig nicht mehr zu den modernen Menschen, den gesellschaftlichen Entwicklungen und zu den Herausforderungen der Märkte und des Wettbewerbs passen. Doch wie sollen Unternehmen reagieren?

Warum Veränderung so schwierig scheint

Die klassischen Reaktionen auf Herausforderungen in der Wirtschaft umfassen in der Regel Cost-Cutting-Programme, Strategie-Initiativen, Digitalisierungs-Vorhaben oder Programme zur Kulturentwicklung. Auch für das „Mindset“ wird momentan viel getan: Architekten bauen offene „Work-Spaces“, bunte „Kreativräume“ werden eingerichtet und die Tischfußball-Produktion läuft auf Hochtouren. Doch, trotz aller ernstgemeinten Anstrengungen, zeigen viele Studien, dass die gewünschten Effekte ausbleiben und die meisten Projekte bzw. Transformationsversuche scheitern.

Ein entscheidender Grund dafür ist, dass die allermeisten heute anzutreffenden Managementansätze und Paradigmen noch immer auf den von Frederick Winslow Taylor im Jahr 1911 veröffentlichten Ideen basieren („The Principles of Scientific Management“). In einer Zeit der Industrialisierung und der beginnenden Globalisierung beschrieb Taylor die Arbeitsteilung und Standardisierung als Weg zur Effizienz im Unternehmen.

Dass der Taylorismus mehr als 100 Jahre später, in einer Welt mit gesättigten Märkten, disruptiven Technologiesprüngen und in den Zeiten der Generationen Y und Z an seine Grenzen stößt, verwundert nicht. Die Optimierung des Bestehenden ist mittlerweile vielerorts ein Kampf gegen Windmühlen. Statt einer Behandlung von Symptomen bedarf es einer Justierung an der DNA der Organisation. Statt Effizienz bei der Erstellung von Standardprodukten ist heute Resilienz und Innovationskraft gefragt.

Es gilt daher, die bestehenden Ansätze und Paradigmen fundamental zu hinterfragen und eine echte Transformation zu beginnen.

Adaption als Schlüssel

In dieser volatilen und komplexen Welt sind Standards und Schablonen nicht mehr tauglich.  Organisationen müssen sich immer wieder neu erfinden und sich Ihrer Umwelt anpassen können – egal ob technisch, ökonomisch, ökologisch oder gesellschaftlich. Sie brauchen daher keine neuen Verfahrens- und Arbeitsanweisungen, sondern eher grundlegende Prinzipien und Muster. Relevant sind Fähigkeiten der zweiten Ordnung, also Muster und generelle Reflexe. Die kontinuierliche Arbeit am System ist heute ebenso elementar wie die Wertschöpfung im System. Simon Sinek postuliert in diesem Zusammenhang, dass es für moderne Unternehmen nicht mehr das Ziel sein kann das „Spiel“ zu gewinnen, sondern durch konstanten Wandel überhaupt „im Spiel zu bleiben“.

Die Evolution als Vorbild

In der Natur ist es die Evolution, die dafür sorgt, dass Pflanzen und Lebewesen sich an veränderte äußere Umstände anpassen, sich konstant verändern und dabei ihre Existenz sichern, also im Spiel bleiben. Es wird nun auch in den Organisationen Zeit, eine evolutionäre Entwicklung in Gang zu setzen und sich auf die Gestaltung der eigenen DNA zu konzentrieren. Denn während Prozesse sich ständig verändern müssen und Kultur als Schatten gar nicht direkt verändert werden kann, sind es eben die grundsätzlichen Prinzipien, Sichtweisen und Muster, die als DNA das Wesen der Organisation bestimmen. Der Entwicklungsmechanismus der Natur kann als Inspiration dienen. Einer langen Planung unter Unsicherheit zieht die Natur ein Vorgehen aus dezentralen Experimenten vor. Fehler werden dabei schnell offensichtlich, während Erfolge sich durchsetzen.

Eine neue Organisations-DNA – eine Einladung zum Nachdenken

Es gibt verschiedenste Ansätze, die Kernelemente einer DNA zukunftsfähiger Unternehmen zu beschreiben. Insgesamt sind die folgenden fünf Wandlungen besonders hervorzuheben:

  1. Führung muss neu definiert und stärker von Führungskräften entkoppelt werden. Mitarbeiter benötigen mehr Möglichkeiten zur Selbstbestimmung und zur Einflussnahme (mehr Mitdenker, weniger Erfüllungsgehilfen).
  2. Organisationen brauchen mehr organische Flexibilität und weniger Hierarchie (mehr Netzwerke, weniger Pyramiden).
  3. Prinzipien und generische Modelle bzw. Muster müssen die detaillierten und starren Prozessbeschreibungen bei der Regelung und Gestaltung der Zusammenarbeit ablösen (mehr Regeln zweiter Ordnung, weniger Standards erster Ordnung).
  4. Weiterentwicklung und Ausprobieren müssen Tagesgeschäft, das Hinterfragen muss Normalität sein. Fehler müssen als Erfahrungszuwachs angesehen werden (mehr schnelle Reaktion, weniger Planungsversuch).
  5. Die geringe Halbwertszeit von Fachwissen und die hohe Bedeutung von Teamarbeit müssen noch stärker berücksichtigt werden (mehr Beachtung von Sozialkompetenz und Talenten, weniger Zertifikatsorientierung).

Machen Sie sich auf den Weg zur nächsten Evolutionsstufe von Organisationen. Wir stehen vor einer herausfordernden, aber auch sehr spannenden und chancenreichen Zeit.

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