Awesome!

Awesome = Adjektiv; aus dem amerikanischen Englisch; deutsche Übersetzung in etwa fantastisch, großartig, ehrfurchtsgebietend; umgangssprachlich auch geil.

Nicht unbedingt ein Wort, mit dem ein Mensch des 21. Jahrhunderts seine Arbeitsbedingungen beschreiben würde, oder? Und dennoch: „Work Awesome“ war das Motto am 30.11. in Berlin, wo 300 bekannte und (selbst) ernannte Experten über die Zukunft der Arbeit konferierten. Und natürlich ging es um all die schönen Buzzwords und Hypethemen: Algorithmen und Chatbots im Digital Workplace, selbstlernende Organisationen dank Social Learning, Arbeiten von überall durch Remote Work, selbstbestimmtes Arbeiten dank Holocracy und Hierarchiefreiheit… – um nur einige zu nennen.

Aber etwas war anders. Anstatt dass sich die Meinungsführer und Vordenker zum Thema wieder einmal selbst bestätigten – wie es mir leider viel zu häufig auf den BarCamps und New-Work-Konferenzen begegnet ist – bot die Work Awesome eine gesunde Mischung aus Unternehmenslenkern, Gründern, Coaches und Wissenschaftlern auf der einen Seite und eine sehr angeregte und wertschätzende Diskussionskultur auf der anderen Seite.

So konnten zwar beispielsweise mit Sven Semet von IBM und Rosa Riera von Siemens zwei Erst-Anwender aus Unternehmen sehr unterhaltsam über die Chancen von Algorithmen im Recruiting und künstliche Intelligenz für die Personalentwicklung auf dem Podium berichten – charmant flankiert vom Wissenschaftler Tim Weitzel der Uni Bamberg – bekamen gleichzeitig aus dem Publikum aber direktes Feedback und Kritik zu den offen gebliebenen Fragen wie beispielsweise Datenschutz.

Zudem sorgten die Moderatoren durch Fishbowl-Formate immer wieder für die Beteiligung des Publikums. Und siehe da: Plötzlich bestand doch Einigkeit in der Sache, dass die eigenen Mitarbeiter der größte Schatz für den Fachkräftemangel sind und die viel gehypte künstliche Intelligenz nur ein Vehikel zum Heben dieses Schatzes sein kann.

It’s the Mindset, stupid!

In einer anderen Podiumsdiskussion mit dem wunderbaren Titel „Sehnsuchtsort Großkonzern“ versuchten sich anfangs Petra Scharner-Wolff, Finanzvorstand der Otto Group und Wilfried Porth, Personalvorstand von Daimler gegenseitig zu bestätigen, dass große Organisationen so agil und attraktiv wie ein Start-up sein können. Und wurden dann doch überraschend schnell und sympathisch selbstkritisch von Publikumsbeiträgen auf den Boden geholt, was so ehrliche Statements produzierte wie „Meetings haben wir erfolgreich reduziert, aber der Email-Overflow bleibt ein Riesenthema. Wir haben schon überlegt, die CC-Funktion technisch auszuschalten.“ Oder „Wir müssen schon selbst Vorbild sein, wenn wir ernst genommen werden wollen.“ Mein persönliches Zitat des Tages kam dabei von Frau Scharner-Wolff persönlich, die offen zugab, dass sie und ihre Kollegen einiges aufzuholen haben.

Auch die ach-so-ominöse Zielgruppe der Generation Y & Z war anwesend und klärte in Person von Monika Jiang von Soulworkx selbstironisch mit einem GIF-Vortrag die „10 wildesten Mythen über das Millennial Mindset“ auf. Überraschender Schlusssatz für einige der Anwesenden: „It’s not about generation, it’s about mindset.“

In dieselbe Kerbe schlug später Gerhard Andres, Senior Manager in der Deutsche-Bahn-Tochter DB Systel GmbH. Man müsse als Führungskraft raus aus den Silos und Komfortzonen und so etwas wie Social Collaboration üben und mit den Mitarbeitern verhandeln. Entscheidend dabei sei aber das eigene Menschenbild, nicht irgendwelche Guidelines. Zum Beitrag „Ein Unternehmen baut sich um“ geht es hier entlang.

Digital geht (manchmal) analog besser

Am späteren Nachmittag folgten weitere spannende Vorträge und Diskussionen, die erfolgreich die Filterblase durchbrachen. Darunter auch Exoten auf New-Work-Konferenzen wie beispielsweise der verdi-Vorsitzende Frank Bsirske. Ihnen allen gemeinsam blieb aber der übergreifende Konsens, dass ganz viel Zukunft in der digitalen Arbeit vom analogen Verhalten abhängt. Das wir Mitarbeiter – egal ob Führungskraft oder nicht – uns selbst immer wieder in Reflektion üben müssen, wie offen und veränderungsbereit wir für die ständigen Herausforderungen der neuen Arbeitswelt sind. Und dass es nahezu völlig egal ist, wie gut die Technologien sind, die ein Unternehmen nutzt, wenn das Mindset nicht mit der Technik zusammen entwickelt wird.

Und auch bei einer zweiten tagesumspannenden Aussage waren sich alle Teilnehmer einig: Wir stehen immer noch am Anfang der so genannten Digitalisierung. Wenn wir aber zulassen, dass Technokratie der Treiber ist, wird das Experiment Transformation der Arbeit scheitern. „Wir müssen unsere aktuelle Sicht auf die Arbeit über Bord werfen“, appellierte Aart De Geus, CEO der Bertelsmann Stiftung, in seiner Keynote ganz zu Anfang des Tages. „Das Wichtigste an der neuen Arbeitswelt ist Neugierde!

Es gibt wahrlich schlechtere Vorhersagen, um ein bisschen „awesome“ in der eigenen Arbeit zu entdecken.

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