Im Juli 2017 kündigte Google.org eine $50 Millionen Initiative an, mit der sie Not-for-profit-Unternehmen unterstützen, die innovative Wege zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gehen (Fuller 2017). $1 Million gingen dabei an Bayes Impact in San Francisco für ihr Projekt Bob Emploi in Frankreich (Bayes Impact 2017).
Wer oder was ist Bob? Wir haben recherchiert: Mein Name ist Bob. Ich bin ihr persönlicher Jobcoach, aufbauend auf einer Open-Source-Suchmaschine quer über diverse Datenbestände der Arbeitsämter.
ALGORITHMEN ARBEITEN FÜR UNS
Suchmaschinen sind nicht Neues. Unser Gehirn versucht seit eh, Ideen und Informationen zu vernetzen. Daran misst sich unsere Intelligenz. Bei manchen ist das selbstverständlich …
Algorithmen unterstützen das urmenschliche Bestreben nach Vernetzungen, schaffen Klarheit und dazu noch multiple Ebenen und Möglichkeiten.
aus Joshua Cohen: “Book of Numbers”
Was ist der gemeinsame Nenner von Parship und Bob?
Ein Algorithmus mit einer virtuellen Plattform im Überbau, die direkt mit Big Data vernetzt ist und so schnell eine größtmögliche Zahl an Fischen auf Fahrräder bringen kann oder einfach ins Netz. Eine kollaborative Plattform für Jobsuchende und KMU auf Talent-Safari. Big Data für Jedermann (Singaye 2016).
Die großen Jobbörsen mit der Plattformlogistik (Kirchner und Beyer 2016) wie Ranstad, Adecco u.a. arbeiten seit Jahren damit, bringen zielgerecht hunderte Millionen Arbeitsuchende an Arbeitgeber. Ihr Geschäftsmodell ist Teil der neuen digitalen Marktordnung. Dank der Algorithmen haben sie einen extrem geringen Personal- und Verwaltungsaufwand: Bei Ranstad z.B. werden weltweit 50 Millionen Menschen und Unternehmen von nur 29.000 Mitarbeiter*innen vermittelt.
In den deutschen Job-Centern bemühen sich dagegen 95.000 Mitarbeiter*innen, um die 2,8 Mio. offiziell gemeldeten Arbeitslosen auf den Arbeitsmarkt zu bringen (Bundesagentur für Arbeit 2017). Dabei schaffen sie bei allen Beteiligten meist nur Frust, Stress, Unzufriedenheit (REPORT MAINZ 2011), denn ihre Lösungen sind Notlösungen (Rövekamp 2017). In Frankreich, England (März 2016) und überall zwischen Ost- und Bodensee sieht es da ähnlich aus.
Bob jedoch bringt zeitgerechte Treffer und Lösungen in Sekundenschnelle – unverbindlich, unmittelbar und kostenfrei. Er ist sogar polyvalent und grenzüberschreitend. Er ist der Algorithmus für die VUCA-Welt (Laurençon 2015).
Sagen wir …,
- ein Kfz-Ingenieur sucht nach Alternativen zu VW?
- eine Bankkauffrau will sich im Crowdfunding spezialisieren?
- ein BWLer sucht eine Arbeit 4.0 statt einen temporären Job als Controller?
- ein Dozent möchte weg vom Lehrbetrieb und rein ins Bildungs-Business?
- eine Fachverkäuferin raus aus der Aldi-, Schlecker-, Kik-Falle?
- eine Krankenpflegerin will sich “strukturiert” weiterbilden?
“Ziel ist nicht, aus dem Bäcker einen Klempner zu machen, sondern schnell die Informationen über Berufsprofile zu geben, die Zukunft haben. Jeder Arbeitsuchende soll mit Hilfe von Bob selber zum Experten des Arbeitsmarkts werden,” so Bob’s geistiger Vater, Paul Duan. “Build the Social Service of the Future” ist sein Ziel.
Bob mit seinem Algorithmus im Hinterkopf wurde von Paul Duan (24) entwickelt, einem der vielen Silicon-Valley-Genies. Er ging mit seiner Idee nicht an die Börse, sondern machte daraus zunächst eine NGO, eben Bayes Impact. Seine Idee: Die sozialen Leistungen der Zukunft mitgestalten.
“Die Lage auf dem Arbeitsmarkt wird immer komplexer. Dafür braucht der Arbeitsuchende des 21. Jahrhunderts alle technologischen und informativen Lösungen in Echtzeit”, so Paul Duan. “Schliesslich ist es ja sein Leben und dessen Gestaltung sollte er nicht anderen überlassen!”
Mit seinem Algorithmus will er Jobsuchende und Jobanbieter effizient und nachhaltig über die institutionellen Job-Center vernetzen. Das machen Stepstone, Monster u.a. und auch soziale Netzwerke für Business wie XING und LinkedIn als Alternativen zu den bürokratischen Job Centern auch.
Aber die werden nicht direkt von Google unterstützt, haben auch keinen Zugriff auf die Datenbanken der lokalen Job-Center, die sie flächendeckend mit denen der sozialen Business-Netzwerke, job-hunt oder gar der überrregionalen Organisationen (OECD 2017) vernetzen.
Verhältnis von Jobbörsen zum Jobsucher
Auch die Business 2.0 Jobbörsen interessieren sich nur für den sofortigen Nutzwert des Jobsuchers. Die Optimierung seiner Potenziale durch Weiterbildung oder das Feintuning seines professionellen Profils wird bestenfalls im Premium-Modell entwickelt, wo Nutzer*innen zahlen müssen. Sie haben (noch) nicht den smarten PAL (personal assistant for lifelong learning) im Backend (Downes 2014).
CC BY 2.0 x6e38: https://flic.kr/p/6eYfsV
Selbst wenn in den sozialen Netzwerken für Business (Xing und LinkedIn) schon alle Strukturen im Hintergrund vorhanden sind, fehlt noch der virtuelle persönliche Job- und Lernassistent, der alle Jobsuchenden ein Leben lang betreuen und gleichzeitig ihr Fahrtenschreiber sein kann.
Durch die direkte Kooperation mit dem französischen Staat ist Bob hier klar im Vorteil, denn Bob kann beides: Begleiten und beraten – und es bleibt eine soziale Leistung. Voraussetzung dafür ist jedoch ein mentaler Quantensprung. Raus aus der bürokratischen Schwerfälligkeit – rein in die digitale Leichtigkeit.
Bob als große Verknüpfung
Bob vernetzt nicht nur Angebot und Nachfrage. Er gibt den Arbeitsuchenden des 21. Jahrhunderts alle relevanten Eckdaten und verbindet dabei seine effektiven Fertigkeiten mit der Kompetenz für die Zukunft. Kurz, er erarbeitet ein 10-Punkte-Programm, das nicht nur aus toten Buchstaben besteht:
- Entspricht mein persönliches Ausbildungsprofil noch den Erwartungen und Möglichkeiten am Arbeitsmarkt – welchen Wert haben meine Diplome noch lokal – überregional – international?
- Wie sind meine Mitbewerber aufgestellt und wie ist ihr Bewegungsprofil?
- Sind meine Chancen hoch – anhand ähnlicher oder gleichwertiger Profile – die passende Stelle und den richtigen Arbeitgeber zu finden?
- Wie lange dauert in den jeweiligen Bereichen die durchschnittliche Suchzeit und wie hoch ist die Trefferquote?
- Kann ich schnell und ohne großen Aufwand meine Chancen optimieren – z.B. mit Weiterbildung in Eigenregie, durch einen MOOC, Vernetzung mit Think Tanks, informelles Lernen, z.B. mit den Tutorials auf YouTube, Publikationen als immaterielle Vorleistung usw.?
- Wie hoch sind die Risiken, dass meine aktuelle und vor allem die künftige Stelle von künstlicher Intelligenz ersetzt wird wie z.B. im Gesundheitswesen, BWL, Jura, Logistik, Finanzsektor?
Auf der Basis dieser Daten resultieren die Ergebnisse:
- Er entwirft für jeden ein persönliches Job-Coaching – bedarfgerecht und maßgeschneidert – mit einem täglichen Training for the Job und den aktuellsten Informationen über den entsprechenden Fachbereich. Kandidat*innen sollen hier als Manager*innen ihrer Arbeit und Zukunft einen 360° Blick rund um ihr berufliches Profilportfolio bekommen.
- Er bewertet die Kompetenz des Kandidaten im Vergleich zu den Mitbewerber*innen auf einer Skala von 1-10, d.h. Stärken, Schwächen, Möglichkeiten und das Alleinstellungsmerkmal einschliesslich der versteckten Potenziale.
- Als virtueller Jobcoach gibt er Tipps und Feedback, wie man sich konkret für die Zukunft aufstellen könnte.
- Und last not least agiert Bob als Personal Learning Assistant (PAL). Denn die Arbeitsuchenden im 21. Jahrhundert sind Dauerlernende, informell und formell, oft im Patchwork-Prinzip. Bob macht daraus eine klare Zeitlinie für alle.
Stand der Dinge
Bob wird vorläufig als Prototyp ausgetestet und wird in Frankreich direkt von ganz oben unterstützt (Moreau 2016). Nur so können Veränderungsprozesse schnell und zügig durchgeführt werden.
Er soll …
- vorrangig den Job-Centern helfen, die Lage der Arbeitsuchenden zu erleichtern und damit die Aufgabe der total überforderten und überlasteten Mitarbeiter*innen (Clément 2016);
- den Arbeitgebern zeitgerecht und jobgerecht jenseits der grossen Zeitarbeit-Agenturen Mitarbeiter*innen vermitteln,
- gleichzeitig beide im Training for the Job unterstützen – ohne die zeit- und kostenintensive Suche nach Weiterbildungsmöglichkeiten, die KMU und Arbeitsuchenden in entlegenen Gegenden oder neuen Jobprofilen zusätzlichen Stress und Frust verschaffen.
Niemand kann in Sekundenschnelle Millionen Daten und Informationen vernetzen und in allen obigen Punkten verbindliche Ratschläge und Auskünfte geben – ausser Algorithmen.
Dass Bob direkt auf Big Data und die Daten der Arbeitsagenturen Zugriff bekommt, ist Datenschützer*innen nicht geheuer, aber erst dadurch ergibt sich eine flächendeckende Infografik, die den Fisch auf das Fahrrad bringt.
Öffentliche Kritik
Kritik kommt auch von den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, die dahinter einen massiven Stellenabbau in den staatlichen Job-Centern befürchten.
Bob surft zwar auf der Uberisierung der Arbeitswelt (Manjoo 2015), die über kurz oder lang aus Festangestellten selbstständige Arbeitende macht, so Robert Reich, der ehemalige Arbeitsminister Bill Clintons (Reich 2015). Aber der Algorithmus bietet jedem die Möglichkeit, die Vermarktung seines Ichs und dessen Fertigkeiten selber zu verwalten – frei Haus, am mobilen Endgerät.
Zumindest solange es noch Jobs gibt, für die man einen Lohn erhält, wäre dies ein deutlicher Fortschritt.
Big Data also als soziale Errungenschaft? Wieder eine positive Utopie aus Silicon Valley? Wie steht es um den Datenschutz? Die Daten sind wahrscheinlich längst schon Elementarpartikel in der Big-Data-Galaxie. Dafür sorgen die unzähligen Sensoren, die uns täglich über unser Smartphone und jedem Klick im Internet unauffällig begleiten.
Vordergründig bleibt die schnelle Vernetzung von vorhanden Ressourcen – Arbeit, Menschen, Informationen und Wissen. Als PAL (personal learning assistant) agiert Bob eher im Hintergrund – wie alle Algorithmen. Das Web 2.0, Smartphones und smarte Geräte werden von allen benutzt und von den wenigsten verstanden. Hauptsache es funktioniert und es profitiert auch die Masse und nicht nur die wenigen an der Börse.
So bildet sich eine neue Welt mit verschiedenen Facetten:
- Arbeit 4.0, die ständige Vernetzung von Menschen, Wissen, Technologien und Ressourcen;
- die Uberisierung der Arbeitswelt (CloudFactory 2015) mit ihren Ab- und Eigenarten, die alle bestehenden Regeln und Rahmen der Arbeitswelt von gestern umgeht;
- die nächste Generation der lernenden Technologien im Dienste des lernenden Menschen, die alle Strukturen der Bildungssysteme einfach links (oder rechts) liegen lässt.
Auszug aus dem Buch von Angelica Laurençon & Anja C. Wagner: B(u)ildung 4.0 – Wissen in Zeiten technologischer Reproduzierbarkeit. Coming soon ….
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Tolle Perspektive
Ein interessanter und spannender Artikel.
Derzeit arbeite ich als Jobcoach für einen privaten Bildungsträger und bis vor zwei Jahren vertrieb ich Software im Bereich Datenvisualisierung im Konzernumfeld, unstrukturierte Daten zu analysieren begann gerade.
Nehmen Sie ein Maschinenbauunternehmen, der Trend geht zu Elektroautos, die Unternehmen planen für die Zukunft, rechtzeitig müssen Maschinen geordert werden, braucht es Produktionskapazitäten.
Und es braucht Menschen, die die Maschinen bedienen können.
CNC-Maschinen, welcher Mitarbeiter beherrscht was, was tut er gerade, …
Man braucht vier schlagkräftige Teams in zwei Jahren, diese müssen qualifiziert werden, zusammenwachsen, damit sie dann erfolgreich arbeiten können.
Andererseits zeigt das Perspektiven für die Mitarbeiter auf, auch bei Ortswechseln und und und.
Derzeit suchen wir stur für denjenigen einen Job, der gerade vor uns steht, null Vorrausschau und in sechs Monaten ist er wieder da, dasselbe Spiel von vorn.
In den Unternehmen machen manche Mitarbeiter seit 20 Jahren dieselbe Tätigkeit, null Weiterbildung, einfach kommen und machen.
Weiterbildung – ja, Erste-Hilfe-Kurs, Vertriebsschulung (Eure Zahlen könnt Ihr vergessen!) und jede Abteilung bitte für sich hinter verschlossenen Türen, was der eine tut, darf der andere nicht wissen (und wir wissen viel mehr über Euch, als Ihr je erahnen könntet). Es geht um den Menschen, auch den 50-jährigen Manager, der das Unternehmen durch viele Krisen führte und nun durch einen Masterabsolventen der Stanford-Universität abgelöst werden wird.
Was lief falsch?
Der Datenschutz verbietet uns, etwas zu wissen – sagen wir, wir sind machtlos, Pech für Dich, Manager! Du bist raus! Quatsch, ich weiß, welch neue Technologien es gibt, ich lese die Fachliteratur und ich erwarte, dass ich regelmäßig auf Weiterbildungskurse gehen kann und wenn Du dann Dein neues Werk planst, hast Du in Deinem Ranking einen hochqualifizierten Mitarbeiter mit 20 Jahren Führungserfahrung, der steht an vorderster Stelle und der sorgt selbst dafür, vorn zu bleiben.
Denn Transparenz bedeutet, selbst zu sehen, welches Wissen man im Vergleich zu anderen hat.
SAP-Kurs MM – der Kollege hat ihn, ich noch nicht – in zwei Jahren wird im neuen Werk MM eingesetzt, da muss ich mit dabei sein – den Lehrgang muss ich absolvieren – das ist auch Transparenz, zum Nutzen für den Mitarbeiter und das Unternehmen.