Blockchain und Bitcoin waren das Thema unseres 3. OWLmeetup im Denkwerk Herford und die erste Frage, die nach den beiden hervorragenden Vorträgen von Dieter Rehfeld (regioIT) und Oliver Flaskämper (Bitcoin AG) aufkam war:
Wie werden sich Blockchain und Kryptowährungen auf die Arbeitswelt auswirken?
Zwei Stichworte hörten wir am Abend des Meetups im Zusammenhang mit der Blockchain-Technologie und der digitalen Währung Bitcoin:
- Internet of Values
- Internet of Trust
Beide Begriffe sind schwer zu fassen – haben wir uns doch noch nicht einmal ein echte Bild vom Internet of Things machen können. Things, das bedeutet immerhin anfassbare, reale Dinge.
Mit der Blockchain begeben wir uns auf eine Meta-Ebene, die Werte und Vertrauen vermittelt.
In der Einleitung zum Meetup versuchte ich das mit einigen Metaphern zu verdeutlichen:
Stellen Sie sich eine Fliege vor, die in Bernstein konserviert wurde. Die Fliege ist eine Information, die in einem Block gespeichert wird. Der Bernstein um die Fliege herum ist die Sicherheit, die durch die Rechenarbeit – das sogenannte Mining – erzeugt wird. Dadurch wird gewährleistet, dass die Information nicht mehr nachträglich verändert werden kann und auf allen an der Blockchain beteiligten Rechnern verteilt liegt. Die Information ist sicher verwahrt und nur für die beteiligten Parteien einsehbar.
Welche Informationen können das sein?
Geld ist anfassbares Vertrauen in einen Wert. Vertrauen darein, dass ich als Bäcker mein Auto nicht mit Broten bezahlen muss und dass ich Werte einfach transportieren kann. So wird globaler Handel überhaupt erst möglich. Stellen Sie sich vor, wie möchten aus Griechenland mit jemandem in Simbabwe Geschäfte machen. Dann müssen Sie entweder Anwälte, Banker und Unterhändler haben. Bestenfalls können Sie Geld per Paypal transferieren und haben damit einige Mittelsmänner umgangen Aber was, wenn in Griechenland der Geldhahn zugedreht wird und weder am Geldautomaten Geld ausgegen wird und Ihr Paypal Guthaben eingefroren wird? Bei einer Kryptowährung wie Bitcoin kann das nicht passieren, da die Währung an keine staatlichen Institutionen gebunden ist. (Was übrigens einer der Hauptdiskussionspunkte zwischen unseren Meetup-Referenten war: Kann eine Kryptowährung mit Zentralbank funktionieren oder nicht?)
Verträge sind Vertrauen, dass ich morgen noch in meiner Wohnung leben kann und mein Vermieter die gleiche Summe X an Geld dafür bekommt. Ich sprach es eben schon an: Verträge, Transaktionen, Personaldaten, Krankenakten und vieles mehr.
Verträge sind eine Form von Software. Apps oder Programme, die Anwälte entwickelt haben, um eine Form von Algorithmus abzubilden: Wenn Vertragspartner X die Sache a erledigt, verpflichtet sich Vertragspartner Y die Summe b zu zahlen. Das lässt sich natürlich noch viel komplexer gestalten. Darum gibt es Verträge von hunderten von Seiten, die ganz individuell für eine Vereinbarung geschaffen wurden und Standard-Verträge, die ich mir zum Kauf eines Gebrauchtwagens einfach herunter laden kann.
Vertrauen schaffen
Genau wie Verträge sorgen Gesetze dafür, dass wir uns nicht jeden Tag neu überlegen müssen, ob es eine gute Idee sein könnte, das Brot zu stehlen oder dafür zu bezahlen. Gesetze und Verträge schaffen Vertrauen und reibungslose(re) Abläufe, damit nicht immer wieder neu verhandelt werden muss.
Hier kommen Blockchain und Kryptowährungen als Systeme ins Spiel, mit denen sich Vertrauen und Wert digitalisieren und über das Internet sinnvoll verwenden lassen.
Weiter unten finden Sie 19 Quellen, um tiefer in die Hintergründe einzusteigen. An dieser Stelle möchte ich eher das Gesamtkonzept und die Möglichkeiten eingehen, die sich daraus ergeben.
Durch die Blockchain fallen Berufe (teilweise) weg
Wenn in der Blockchain Transaktionen, Vereinbarungen, Verträge und ähnliche Informationen sicher festgehalten und verwaltet werden können, dann fallen vor allem Aufgabenbereiche im administrativen Bereich weg. Von den typischen Sachbearbeiteraufgaben bis hin zum Notar. Wenn auch noch das digitale Vertrauen hinzu kommt, werden auch Aufgaben zunehmend verschwinden, deren einzige Aufgabe es ist, Vertrauen zu verkörpern oder zu vermitteln:
Banker und Anwälte beispielsweise.
Doch auch das Verständnis von Arbeitsstelle wandelt sich: Statt für einen Arbeitgeber viele verschiedene Aufgaben zu übernehmen, wird es einfacher, sich auf eine Aufgabe zu spezialisieren und diese für viele Arbeit- bzw. Auftraggeber zu erfüllen. Vorstellbar ist hier die Blockchain als verlängerte und universale HR-Abteilung, in der Arbeitsvereinbarungen und Verträge abgelegt werden und digitale Kryptowährungen über die Mikrozahlungen an die Auftragnehmer abgewickelt werden.
Denn eine wesentliche Aufgabe großer Unternehmen ist es auch: Arbeit und ihre korrekte Abwicklung zu verwalten. Aufgaben, die insbesondere Mittelständer zukünftig auslagern könnten, so wie auch Marketing-, Werbe- oder IT-Deinstleistungen ganz selbstverständlich an Agenturen oder im Falle von AdWords an Google ausgelagert werden.
Unabhängigkeit
Für Arbeitnehmer könnte sich daraus eine Möglichkeit ergeben, mehrere Einkommensquellen zu erschließen, weniger von einem einzelnen Arbeitgeber abhängig zu sein und minimalen Aufwand auf die Verwaltung setzen zu müssen.
Ein ganz anderes Fass machen wir auf, wenn wir uns behördliche Abläufe, kommunale Prozesse und sogar Wahlen ansehen. Dieter Rehfeld deutete an, dass regioIT bereits eine Lösung auf Blockchain-Basis aufgebaut hat, auf deren Basis Wahelen durchgeführt werden könnten.
Und welches Optimierungs-Potenzial erst in Amtsstuben steckt, wenn Datenbanken sicher in Blockchains verwahrt und vernetzt genutzt werden können. Beschleunigung, Einsparungen und bequemere Nutzung für Bürger könnten das Ergebnis sein.
Neue Arbeit wird geschaffen
Und hiermit meine ich Arbeit in einer Form, wie wir sie bisher noch nicht kennen. William Mougayar gibt in seinem Artikel einige Beispiele in Form von: Menschen, die Kryptowährung dadurch verdienen, dass sie mit ihrem Auto fahren und die daraus erzeugten Daten an ein Unternehmen abgeben, das die Daten aufwertet und damit neue Werte schafft. Patientendaten die gegen Kryptowährung abgegeben werden, um daraus in der Masse neue Erkenntnisse zur Heilung seltener Krankheiten zu gewinnen.
Wichtig für diese neue Arbeit sind 3 Punkte:
- Die verrichteten Arbeiten in einem System variieren
- Die erledigte Arbeit muss wertgeschätzt und wertvoll sein
- Nutzer können die Gegenleistung innerhalb des Marktsystems nutzen um den Wert zu erhöhen aber auch nach außen ausgeben. Durch den Mechanismus der internen Zahlungsvorgänge mit der Kryptowährung steigt der Wert des Gesamtsystems.
Doch auch Arbeit, die nicht in das System gehört kann eingebracht werden, um den Systemwert zu erhöhen. Denken Sie an einen Marketing-Experten, der für ein Unternehmen Marketing-Arbeit erbringt, damit den Wert des Unternehmens steigert und dafür mit Bitcoin, Ehtereum oder eigenen Kryptowährungen bezahlt wird. Insbesondere im Fall von Bitcoin kann die Arbeit eine deutliche Wertsteigerung erfahren, einfach weil die Währung ins unermessliche steigt.
Beispiel aus dem Meetup von Oliver Flaskämper: Im jahr 2010 hat jemand 2 Pizzen für 10.000 Bitcoins gekauft. Diese 2 Pizzen währen heute rund 18 Millionen Dollar wert.
Dazu braucht es neben der Kryptowährung eben auf der anderen Seite nur jemanden, der sein Vertrauen in den Wert der Währung setzt.
Ein Beispiel, was mir in dem Zusammenhang einfiel sind Computerspiele
Besonders Spiele, in denen die Spieler etwas kaufen können. Auch wenn hier noch mit herkömmlichen Währungen gezahlt wird, wird im System Computerspiel eine eigene Währung geschaffen. Goldtaler zum Beispiel, mit denen der Spieler Dinge erwerben kann, die ihm Status, Individualisierung der Spielfigur oder einfach Zeit als Gegenwert bringen. Insbesondere für Zeit sind Spieler verblüffend stark bereit zu zahlen. Zeit sparen um im Spiel weiter zu kommen bsw. Je mehr Geld durch Mikro-Beträge durch die Spieler in das System einfließt, desto wertvoller wird das Gesamtsystem. Das Prinzip funktioniert von Mini-Spielen wie Candy Crush auf Smartphones bis hin zu komplexen Spielwelten, die seit über 10 Jahren bestehen wie World of Warcraft. In letzterem entstand übrigens ebenfalls neue Arbeit in Form von Menschen, die 16 Stundan am Tag Spielgold gesucht haben, um es dann als Bündel-Angebot über ebay an Spieler zu verkaufen, die wenig zeit aber dafür genug normales Geld zur Verfügung hatten.
Ob neue, alte oder physikalische Arbeit sie haben alle eins gemeinsam:
In einem geschlossenen System wirkt eine (Arbeits)-Kraft über einen bestimmten Weg oder Zeit auf eine Sache ein. Diese sehr freie Auslegung von W = F * s eignet sich natürlich nicht um alle Formen von zukünftiger Arbeit hinreichend zu beschreiben. Aber einen guten Ausgangspunkt bietet sie dennoch.
Die Blockchain könnte eine Technologie vergleichbar mit der Dampfmaschine sein, die uns Menschen Arbeit abnimmt, in der wir entweder nicht gut sind oder die wir nicht gerne machen.
20 Quellen zum tiefer einsteigen:
16 (Intro-)Artikel zum Vertiefen:
-
- Bitcoin: The Magic of Mining, The Economist
- Why Startups Are Trading IPOs for ICOs Erin Griffith, Fortune
- What Drives the Value of Crypto Currencies? Joshua Seims, MetaStable
- Bitcoin — The Internet of Money Naval Ravikant, Startup Boy
- Money, Blockchains, and Social Scalability Nick Szabo, Unenumerated
- The Dawn of Trustworthy Computing by Nick Szabo, Unenumerated
- Central Bank Digital Currency and the Future of Monetary Policy
- Bank of England: The macroeconomics of central bank issued digital currencies
2 Videos zum audio-visuellen Einstieg:
Blockchain 101 – A Visual Demo auf YouTube
The Blockchain in us – wurde mir auf dem Event von John E Stamper empfohlen
2 Podcasts zum ausführlichen Vertiefen:
2 ½ Stunden Audio-Podcast über Blockchain und Kryptowährungen mit dem Begründer von Bitgold (Vorgänger von Bitcoin) Nick Szabo bei Tim Ferriss (englisch)
2 Stunden deutschsprachiger Podcast von Alternativlos zum Thema Geld und Bitcoin aus dem Jahr 2011 als historischer Hintergrund
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Schöne Zusammenfassung Alex.
Einen Hinweis habe ich noch für den technisch-interessierten Leser:
IOTA wird bereits als „Blockchain-Killer“ gehandelt und man sollte die Entwicklungen um den „tangle“ im Blick behalten.
Anders als die Blockchain – die ja eher ein zeitlich fortlaufender Strang ist, läuft IOTA mit mehreren Strängen und verbindet direkt die Transaktionen – ohne Blöcke und wird daher vor allem für die machine-to-machine-Kommunikaiton interessant.
Warum ist das interessant?
Ganz einfach, die Skalierbarkeit von Blockchain-Technologien leidet mit der zunehmenden Nutzung und Popularität und es resultiert in Wartezeiten bei der Bearbeitung von Transaktionen.
Ein klassischer Zielkonflikt 😉
Was zum lesen:
https://blog.iota.org/a-primer-on-iota-with-presentation-e0a6eb2cc621
https://bitcoinblog.de/2016/07/13/iota-die-kryptowaehrung-fuer-maschinen-eine-blockchain-ohne-bloecke/
Bis denne