Die älteren Semester unter uns (vielleicht kommt es auch heute beizeiten vor) kennen noch die entsetzte Frage der Studienberaterin, ob man denn wirklich nach seinen Neigungen studieren wolle oder sich nicht doch auch etwas „mit Substanz“ vorstellen könne.
Neigungen und besondere Kenntnisse jenseits des klassischen Karriereweges zu haben, wirkt hierzulande häufig immer noch verdächtig (selbst in der populären Jugendbuchliteratur findet sich der pädagogisch gewollte Antagonismus von „Broterwerb“ und „Neigungstätigkeit“). Neigungen zählen angesichts der Verpflichtungen, denen man Folge zu leisten hat, nichts. Vielmehr behindern sie eher das eigene Fort- und Auskommen.
Ist denn aber nicht gerade Arbeit 4.0 eine Form der Neigungsarbeit und wieso hat es diese in der deutschen Arbeitskultur nach wie vor so schwer?
Die Digitalisierung steht in Deutschland generell unter dem Verdacht, als Instrument der „Machthaber der Technologien und Algorithmen“ dazu zu dienen, die Herrschaft über die Welt an sich zu reißen. Man muss sich schon arg wundern, in welcher Diktion hier die etablierten Vertreter der Offline-Kultur auf die digitalen Herausforderungen reagieren. Es ist erstaunlich, dass die Offliner seit dem Beitrag des CDU/CSU-Abgeordneten Heveling über die „digitalen Maoisten“ und den „digitalen Totalitarismus“ anscheinend nach wie vor ernsthaft vom Untergang des Abendlandes ausgehen. Dass hiermit CDU/CSU-Fraktionsmitglieder in seltener Eintracht mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) handeln, verwundert aber nur auf dem ersten Blick.
„Achtsam bleiben“ ist der Beitrag des DGB zur Digitalisierung überschrieben. Vielleicht ist gerade die Wahl einer solchen Überschrift die implizite Erklärung für die parteiübergreifende Ablehnung der neuen digitalen Realität. Da passt es dann auch ganz wunderbar ins Bild, dass ausgerechnet die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung immer wieder den demokratischen Charakter und den demokratischen Nutzen der Digitalisierung in Frage stellt. Aber auch an anderer Stelle wird der demokratische Charakter der digitalen Kommunikation in Frage gestellt.
Vielleicht ist die emotionale Reaktion auf neue digitale Logiken und Prozesse Zeichen der Erkenntnis, dass tradierte – eigene – Machtbereiche ins Wanken geraten?
Demokratie in Unternehmen als Folge von Arbeit 4.0?
Gerade erst ist unser BarCamp Arbeiten 4.0 in Berlin zu Ende gegangen (Berichte zum BarCamp finden sich beispielsweise bei Gunnar Sohn, Winfried Felser, CapGemini, Lars Hahn. Weitere Beiträge finden sich auf unserem Blog (Auswahl) von Gunter Dueck, Klaus Burmeister, Roland Panter, Johannes Korten, Stephan Grabmeier).
180 Menschen haben sich einen Tag lang über die Konsequenzen der Digitalisierung für die Wirtschaft und die Unternehmen unterhalten. Es ging um die Abflachung der Hierarchien, den Verlust von Herrschaftswissen, das Einstellen auf disruptive Geschäftsmodelle, das Arbeiten in agilen Netzwerken und den Grad der Selbstbestimmtheit bei der eigenen Arbeit. All diese Themen behandelten demnach im Kern die Frage von Macht, Flexibilität und Interpretationshoheit. Bereits vor fast zwei Jahrzehnten ging es im Cluetrain-Manifest von David Weinberger um die Machtfrage: „Wir haben echte Macht und das wissen wir auch.“
Warum hat es #Neigungsarbeit trotz #NewWork so schwer?
Wenn nun beides zusammen betrachtet wird – die emotionalen Reaktionen der Offliner auf die Digitalisierung und die Erkenntnis, dass diese mit Machtverlust der bisherigen politischen und wirtschaftlichen Entscheider einhergeht – so wird deutlich, warum der digitale Wandel von den etablierten Institutionen und den in ihnen arbeitenden Stakeholder nicht unbedingt willkommen geheißen wird; er stellt ihr Selbstverständnis in Frage.
Trotzdem müssen wir uns aber mit den vielen Herausforderungen, die der digitale Wandel für uns alle mit sich bringt, beschäftigen (eine schöne Übersicht über die Auswirkungen des Disruptiven auf gewohnte Geschäftsmodelle und -abläufe findet sich aktuell auf dem Cisco-Blog). Die Frage, wie wir dieses Problem überwinden können, kann vielleicht ansatzweise durch die Ergebnisse unseres Arbeiten 4.0 Camps beantwortet werden.
Wir müssen in den Unternehmen Brücken bauen
Die Kulturen der Off- und der Onliner scheinen sich nach wie vor kaum zu überschneiden. Wir müssen für gegenseitiges Verständnis der jeweils eigenen Sichtweisen werben. Wenn die Logiken der Rechtsabteilungen, der Kommunikationsabteilungen, des Controlling und der IT auf die Arbeiten-4.0-Logik von Angestellten trifft, kann es nur Probleme geben.
Eine unternehmensinterne IT hat strikte Vorgaben, die sich an Maßstäben wie Skalierbarkeit, Kontrolle und Sicherheit orientieren. Das Arbeitsumfeld des Angestellten wird aber zunehmend bestimmt von digitaler Souveränität, Unabhängigkeit von großen Systemen und dem eigenen digitalen Device – damit sind wir dank der Digitalisierung ein Stück weit auf dem Weg zum mündigen Arbeitnehmer. Diese Mündigkeit ist durch keine Richtlinie der Welt zurückzudrängen. Es wäre daher begrüßenswert, wenn Konzernstabsabteilungen die Angestellten, die für sie arbeiten, zunehmend als Menschen mit eigenen Vorstellungen und Kenntnissen ansehen würden.
Digitalisierung ist keine Frage der Erlaubnis
Allzuhäufig wird im Unternehmenskontext die Digitalisierung der Arbeitsumgebung als Frage der Erlaubnis betrachtet, nach dem Motto: „Ist die Anwendung von Elementen des Arbeiten 4.0 durch die Richtlinie XY gedeckt?“ Hierin liegt vielleicht das größte Missverständnis auf Seiten der Offliner. Die Zeiten, in denen Selbstbestimmtheit und Nachdenken „erlaubt“ werden müssen, sind vorbei.
Die digitalen Devices bieten die Möglichkeit, einen parallelen eigenen Kanal der Kommunikation, des Miteinanders und des Arbeitens zu eröffnen (dasselbe gilt übrigens auch im Kontext der Schule). Dass überbordende Richtlinien, die versuchen, den Deckel auf dem kochenden Topf zu halten, kontraproduktiv sind, ist längst erwiesen. Also liebe Offliner, findet euch an dieser Stelle am besten mit eurem Machtverlust ab.
Das Digitale muss regionaler werden
Lange Zeit hat man sich hierzulande mit der Außenwahrnehmung von Berlin als einem der globalen HotSpots der Digitalisierung und der Start-up-Szene beruhigt und die Situation in Berlin mit der im gesamten Deutschland fälschlicherweise gleichgesetzt. Hierbei geht es weniger um den Aspekt der digitalen Infrastruktur, bei der wir uns auf dem Niveau eines Entwicklungslandes bewegen, sondern vielmehr um den Aspekt der Entwicklungsreife der digitalen Kultur.
Die Fokussierung auf Berlin ist aber in einem mittelständisch geprägten Land und seiner dezentralen Wirtschaftsstruktur mehr als problematisch. Das Augenmerk von Politik und Wirtschaftsverbänden sollte daher in Zukunft sehr viel mehr auf die Region – auf das SmartCountry – gelenkt werden.
Die Region vor Ort ist der Lebens- und Arbeitsraum, der die Menschen tangiert, in dem sie Veränderungen erleben. Egal ob es um die smarte Energieversorgung, den Online-Service der Städtischen Bibliothek, die kommunale Breitbandversorgung oder die Einbeziehung des Bürgers in Politik und Unternehmen geht – all dies findet vor Ort statt. Schon wieder haben die US-Firmen in dieser Frage die Nase vorn. Es wird Zeit, dass wir diesen Rückstand aufholen.
Die Digitalisierung ermöglicht dem Arbeitnehmer sehr viel mehr, seinen Neigungen entsprechend zu arbeiten. Unternehmen sind gut daran beraten, dieses Potenzial der eigenen Mitarbeiter rechtzeitig zu erkennen. Hierfür müssen Brücken zwischen den digitalen Kulturen gebaut werden.
Dieser Beitrag ist zuerst auf dem NewWork-Blog erschienen.
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Guten Tag Herr Mathy,
unfreundlich waren Sie nicht. Ich habe den nicht so freundlichen Kommentar von Herrn Fischer fälschlicherweise ihrer Person und Ihrem spannenderen Beitrag zugeordnet. Pardon und vielen Dank für Ihre Einblicke.
bezüglich der Unfreundlichkeit: ja, jetzt ist es richtig zugeordnet. Sehe ich auch so.
Ansonsten: spannende Beiträge, meine Herren Mathy und Wallberg, danke dafür, bereichert.
Hallo Herr Mathy,
zur Einordnung: ich arbeite in der Bertelsmann Stiftung. Bin aber seit langem privat als Bloggerin unterwegs und kandidiere zur Zeit in einer fast-100.000-Einwohner-Kommune als parteilose Bürgermeisterin. Daher treibt mich das Thema „Arbeit“ und „Führung“ besonders um. Aus dieser Perspektive heraus schreibe ich hier:
Die Handreichung zum Dialog ist wohl schon mehrmals erfolgt. Die Online-Welt ist sehr offen und an zig Stellen gab und gibt es Möglichkeiten, sich zu informieren, mitzumachen, zu lernen und zu netzwerken.
Das ist ein grundsätzlich anderer Ansatz als das bisher der Fall war, denn die bisherige Haltung der analogen Welt ist die, in Versäulung zu arbeiten, Wissen für sich zu behalten und den Zugang zu Informationen lediglich einem elitären Kreis zur Verfügung zu stellen.
Erkennbar ist eine Zweiteilung: Während Führungsetagen am Analogen festhalten, öffnen sich die Belegschaften in der unteren Hierarchiestufe oft schneller und effektiver.
Daher ist erkennbar: Die Beharrungskräfte, an alten Denk- und Wirkungsmustern festzuhalten, lähmen viele Firmen und Institutionen, weil Führung sich nicht traut. Die Arbeitnehmer aber sind in ihrem Denken und Handeln oft schon weiter, sie organisieren sich zunehmend in eigenen Kommunikationskanälen und erkennen die Vorteile des interdisziplinären Arbeitens. Sie haben keine Berührungsängste und sind wohl auch weniger von Verlustängsten von Status und Geld geplagt. Ich empfehle dazu die Lektüre von Gunter Dueck und auch die Videos von Peter Kruse. Sehr aufschlussreich, wie sich alte Systeme über Wasser halten wollen.
Dieser Tage kann man zudem in vielen Gazetten nachlesen, dass sich insbesondere der Mittelstand von der Digitalisierung überrascht sieht.
Den digitalen Wandel gibt es allerdings nicht seit gestern. Mich erstaunt also an der Stelle, dass ausgewiesen Führungspersonen und auch viele Verbände sich plötzlich einer Herausforderung gegenübersehen, die sie längst hätten absehen müssen. Wer die neuen Chancen nicht nutzt, ist sehr schnell weg vom Markt.
Über Nacht ist jetzt offenbar auch im Mainstream die Rede davon, man brauche digitale Köpfe, Netzwerke und Kapital. Das stellt die alte Denke vor große Probleme. Sie möchten das nach alter Art erledigen. Das geht aber nicht.
Start-ups brauchen ganz andere Voraussetzungen – wie sie das trotz widriger Umstände schaffen, davon können Analoge nur lernen. Diese neue Form der Wertschöpfung sucht ihresgleichen. Die Impulse kommen aber eben nicht von denen, die sich der online-Welt verschließen.
Noch stehen viele Ananloge in der Verantwortung, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Wenn sie hier versagen, zahlen viele abhängig Beschäftigte künftig drauf, weil ihre Arbeit wegfällt. Diese Arbeit hätte man aber durch intelligentes digitales Denken und Handeln vielleicht aber weiterentwickeln können.
Chancen der digitalen Welt werden nicht genutzt, weil neue Formen der Arbeit Angst machen und nicht selten durch Instrumente einer Personalpolitik aus den Tagen der Industrialisierung verhindert werden, die aber in einer Wissensgesellschaft längst nicht mehr greifen.
Wie ist Ihre Erfahrung als Berater?
Hallo Frau Knopp,
Sie fragen nach meiner Erfahrung als Berater (,die haben mich ja zu meinem Kommentar veranlasst).
Vorab zur fachlichen Seite des Themas Digitalisierung und Arbeiten 4.0:
Ja, die Chancen der Digitalisierung müssen genutzt werden. Das ist essentiell für unsere Wirtschaft und die Menschen.
Ja, es stehen noch viele Analoge in der Verantwortung, die Weichen für die Zukunft zu stellen.
Nun zu meinen Erfahrungen:
Mir geht es um Kommunikation, darum, wie der Weg gelingen kann.
Innovationen und Veränderungs-Prozesse gelingen nach meiner Erfahrung nicht besser, wenn man Beteiligte etikettiert als „Offliner, die sich mit ihrem Machtverlust abfinden sollen“. Das wirkt eher wie ein „roter Knopf“, der die Kommunikation beschädigt. Beharrungskräfte werden selten mit Attacken überwunden.
Dass Bundestags-Abgeordnete gelegentlich inkompetent argumentieren, muss man gelassen ertragen und sein Ziel im Auge behalten.
Also: Mir geht es um die Form, die erfolgreich macht, da wir in diesem Veränderungs-Prozess nicht versagen dürfen. Über den Inhalt brauchen wir nicht zu streiten.
Viele Grüße,
Gunther Mathy
P.S. spannend finde ich, dass ich dabei als „unfreundlich“ wahrgenommen werde.
Guten Tag Herr Mathy,
unfreundlich waren Sie nicht. Ich habe den nicht so freundlichen Kommentar von Herrn Fischer fälschlicherweise ihrer Person und Ihrem spannenderen Beitrag zugeordnet. Pardon und vielen Dank für Ihre Einblicke.
Hallo Herr Mathy,
ich denke, der Kommentar „unfreundlich“ galt nicht Ihnen. Aber auch das ist interessant, dass sachliche Kommentare so eingestuft werden. Anderes Thema.
Sie sprechen vom konkreten Brückenbauen. Damit schlagen Sie das Kapitel der verschiedenen Gesschwindigkeiten in der Digitalisierung auf. Es gibt die Early Birds und es gibt die, die jetzt erst an den Start gehen – und leider sehr oft zu „Kopierern“ werden. Ihnen fehlt das Herzblut und die Kenntnis – aber sie führen sehr wortreich die neuen Vokabeln im Mund. Sie leben sie aber nicht. Sie nutzen nur Worthülsen und es fehlt die Erfahrung im Umgang damit. So können sie keine Änderungen herbeiführen und sie werden auch nicht ernst genommen.
Damit sind Probleme bereits vorprogrammiert. Ergo: Die Early Birds sind oft als Besserwisser verschrieen. Die Kopierer haben nur das Ziel unerkannt als Nicht-Wisser am Drücker zu bleiben.
Diese beiden Kategorien sollten also besser nicht aufeinander treffen. Bringt nichts.
Wahrscheinlich ist es die beste Methode, den Early Birds ihre Schnelligkeit und ihre Lust an Neuem zu belassen und sie nicht mit der Aufgabe zu belasten, das Thema in die Breite zu bringen. Ihnen muss man vertrauen und ihnen alle Möglichkeiten geben, sich weiter in ihrem Tempo zu bewegen und die Chance zu haben, in einer Gesamtinstitution über ihre Erfahrungen zu berichten, ihr Wissen in eigenen freien Gruppen weiterzugeben und so Wirkung zu entfalten, dass die Menschen qua Fakt folgen. Weil sie selbst Erfahrungen mit den neuen Formen der Arbeit haben machen können. Freiheit zu selbstorganisiertem Arbeiten, wäre so ein Brückenschlag. Einfach mal sehen, wie sich das findet.
Das wäre ein Punkt.
Au Mann, lieber Ole. Geht es noch platter? Da werden also Organisationen und Parteien, die weite Teile der deutschen Bevölkerung repräsentieren, aufgrund ihrer wachsamen Haltung gegenüber möglichen Gefahren der Digitalisierung von Dir als on-liner einfach schwuppdiwupp zu ewig Gestrigen erklärt – oder wir „Ihr on-liner“ das nennt – zu „off-linern“. Früher nannte man so etwas ein Totschlagargument, dass jeder vernünftigen Auseinandersetzung von vornherein ein Ende setzt. Habt „Ihr on-linear“ für diese Haltung des Mundtot-Machens auch ein schönes neues Wort? Eigentlich wollte ich Dir als „Off-liner“‚ja per Post einen Brief schicken. Das hätte mir aber dann doch zu lange gedauert, um auf Deine hanebüchene Argumentation zu reagieren. Hat mich wirklich schwere Überwindung gekostet, deshalb meinen komplett eingestaubten iPad aus der Rumpelkammer zu holen…Beste Grüße, Thomas
Lieber Thomas,
danke dir für deinen Kommentar.
Ich bezweifle, dass die von dir genannten Institutionen heute noch weite Teile der Bevölkerung repräsentieren. Da ich selbst jahrelang wie du jetzt in einer Gewerkschaft gearbeitet habe, weiß ich natürlich, dass Gewerkschaften – wie auch Arbeitgeberverbände!! – ein großes Problem mit der Erkenntnis haben, dass sie nicht mehr die alleinigen Repräsentanten von Interessen ihrer Mitglieder zu sein scheinen.
Genau diese Erkenntnis ist es natürlich, die mich zu dem o.g. Text gebracht haben. Die Digitalisierung ermöglicht immer mehr Menschen in immer mehr Lebensbereichen, sich von bekannten Gatekeepern zu emanzipieren. Texte wie der oben verlinkte deines Kollegen unter der Überschrift „Achtsam bleiben“ verdeutlichen, dass ihr euch natürlich auch neu aufstellen müsst und die Digitalisierung als Bedrohung anzusehen scheint. Dieses Gefahren-Narrativ, das da bemüht wird, kann ich mit Blick auf kurzsichtige Interessen verstehen. Langfristig tut ihr aber euch und den Arbeitnehmern keinen Gefallen damit. Ihr müsstet Antworten finden, offensiv und positiv mit dem Thema umzugehen. Wie sieht eure Antwort auf Social Trademark, Clickworking, globalisierte Arbeitsmärkte, Demokratie am Arbeitsplatz etc aus? Die DTAG hat gerade erst eine neue Studie zur Änderung der Arbeitswelt herausgegeben (https://www.telekom.com/medien/konzern/285970). Wie wollt ihr als Gewerkschaft mit dieser Zukunft umgehen?
Wäre spannend, sich mal wieder auf einen Kaffee zu treffen und sich dazu old fashioned Face2Face auszutauschen 😉
VG
Ole
P.S. Der Gegensatz zwischen Offliner- und Onliner-Kultur ist übrigens keine Erfindung von mir sondern ein offensichtliches Problem, das ausführlich auf der diesjährigen Re Publica thematisiert worden war.
o je, da gibt es wohl einen Klassenkampf zwischen Offlinern und Onlinern. Egal, wer das Begriffe-Paar erfunden hat: Interessant ist, wie es hier gebraucht wird. Die Offliner, die Gestrigen sollen sich mit ihrem Machtverlust abfinden, sollen aber Brücken bauen.
Wenn man einen Dialog führen will, dann muss man akzeptieren, dass es verschiedene Perspektiven auf das Thema gibt, um gemeinsam zu Lösungen zu kommen.
Wer die anderen gemäß der Theorie X als Gestrige kategorisiert, erschwert den Dialog, auf den ich aber hoffe.
Viele Grüße
Gunther Mathy
Spannende Ihre implizit aufgestellte These. Also, dass Offline und Online nur Perspektiven auf eine selbe Welt sind.
Obwohl Sie sich hier im Kommentarbereich wie ein sehr unfreundlicher Mensch auftreten möchte ich ihnen zustimmen.
Es existiert nur eine Welt und Online/Offline sind Entscheidungen des Einzelnen innerhalb dieser Welt. Allerdings möchte ich eine Erweiterung anbringen die ich für sehr sinnstiftend erachte wenn wir uns Fragen ob die Kinder unserer Kinder noch zwischen Online und Offline unterscheiden werden. (Werden sie nicht. Es wird in 40 Jahren keine nennenswerte Zahl anOffline-Menschen mehr geben)
Die Einheit von digitalen und analogen Erfahrungen ist ein Sachverhalt, den man leider zu einfach vergisst. Sowohl für den online lebenden Menschen als auch für den offline existierenden Menschen gibt es nur eine Realität und nur ein Ich. Das Austragungsort des eigenen Lebens ist immer nur das Individuum selbst (und nicht der unkörperliche Raum von digitalen Interaktionen). In diesem Sinn bedeutet Online „vernetzt sein“ und Offline „nicht vernetzt sein“.
Als eigene Online-Realität kann man sich die Realitätssubstitution vor Augen führen die modern VR-Brillen (und deren Software) herbeiführen.
Nur… und jetzt kommt meine Kommentarmotivation: Offline ist unbrauchbar für den kutlivierten Menschen von morgen. Die wertvollen Informationen der Zukunft UND der Vergangenheit werden in absehbarer Zeit nicht mehr „offline“ abgreifbar sein. Bücher? Kunst? Alles im und über das Netz. Damit ist nicht gemeint, dass jede wertige Resource digital konsumiert werden muss, sondern dass der Zugang zu diesen Resourcen im Netzwerk geregelt werden wird.
Darauf folgt das Kern-Argument: Die vernetzte Welt bietet einen grundlegend anderen und einfacherern Zugriff auf die evolutionär relevante Resource Information.
Wer vernetzt ist profitiert von dem gesellschaftlichen Zusammenleben und Zusammenarbeiten einer größeren Anzahl von Menschen.
Wann haben Sie das letzte Mal mit einem Mikrobiologen geredet? Wann mit einem Teilchenphysiker? Wann mit einer Feministin? Wann waren Sie mit einem Politiker im Dialog? Im unvernetzten Leben liegen solche Ereigenisse Jahre ausseinander. Online? Ein paar Klicks, ein paar Emails. Diese ganzen offline Eindrücke könnte man in der online Welt in ein paar Minuten arrangieren.
Ein anderer Punkt ist Anonymität. Wer in der Sicherheit der Anonymität reden kann ist frei Informationen bekanntzugeben die auch zu seinem eigenen Unvorteil führen könnten:
Zum Beispiel denke ich an Insiderinformationen von Versicherungsvertretern die in Anonymität über Ihre Geschäftspraktiken sprechen… ähnliche Szenarien sind in der unvernetzten und persönlichen Welt quasi undenkbar.
Dabei – hier haben viele konservative Menschen Angst – findet nicht jede Interaktion am Bildschirm statt. Der gut vernetzte Mensch nutzt das Netz um seine REALE Welt mit Inhalte zu füllen. Das kann über das digitale Medium passieren. Muss aber nicht. Der persönliche und echtweltliche Austausch sterben nicht durch die Online-Welt. Im Gegenteil: Durch Meetups, Szeneveranstaltungen und kurze Kontaktwege kann der geneigte Mensch ohne Probleme ganz klassische, analoge Erfahrungen herbeiführen.
Das vernetzte Leben soll Menschen Glücklich machen und die Erfahrungsmöglichkeiten des Einzelnen bereichern und diversifizieren. Wir müssen uns nicht streiten ob vernetzt-sein der Standardzustand der Wohlstandsmenschen wird. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass das vernetzt-sein ein angenehmer Lebenszustand ist.
Hier finden Sie einen richtungsweisenden Artikel über die Konsequenzen der Vernetzung und des Online miteinander Lebens für Firmen:
https://medium.com/the-wtf-economy/networks-and-the-nature-of-the-firm-28790b6afdcc
Ist „offline“ überhaupt noch eine lebenswerte Option? Ich glaube nicht. Jedenfalls sehe ich in der Zukunft keine Chance für Menschen ohne Zugang zum weltweiten Netzwerk unserer Spezies.
Hallo Herr Mathy,
ich kann, was sie in den Text hineinlesen, leider nicht ganz nachvollziehen. Ich habe geschrieben: „Wir müssen für gegenseitiges Verständnis der jeweils eigenen Sichtweisen werben“, wofür wir Brücken bauen müssen. Ganz im Gegenteil müssen sich Menschen, die digital affin sind, als „digitale Maoisten“ und Vertreter eines „Totalitarismus“ bezeichnen lassen; dies wohlgemerkt geschrieben von einem MdB im Handelsblatt.
Die Digitalisierung wird immer mehr zum Standortnachteil dieses Landes; dies gilt sowohl für Arbeitnehmer wie auch Arbeitgeber. Was ich kritisiere, ist die fehlende Offenheit der zweitältesten Gesellschaft der Welt gegenüber der Digitalisierung. Damit schaden wir unseren Kindern und verbauen ihnen ihre Zukunft. Und dagegen habe ich in der Tat etwas.
VG
Ole Wintermann