Auch die Telekom steht wie alle Unternehmen vor der Herausforderung, den Wandel hin zum Arbeiten 4.0 zu gestalten. Darüber sprach Catarina Specht von der Initiative D21 mit Reza Moussavian.
Die stärksten Veränderungen am durch die Digitalisierung?
Wir haben hierzu gemeinsam mit der Hochschule St. Gallen eine umfangreiche Delphi-Studie mit Experten weltweit unternommen, um ganz wertfrei und unvoreingenommen die wichtigsten Trends zu erfassen. Es wurde bewusst diese Forschungsarbeit betrieben, um auch Extrempositionen zu erfahren. Diese Studie werden wir in Kürze veröffentlichen, aus der sich bereits beispielhaft einige Thesen ableiten lassen. Ich möchte betonen, dass diese weder die Positionen noch die Stellung oder Strategie der Telekom wiederspiegeln:
- Wir bewegen uns in eine digitale Welt: Es wird automatisierte (Backend-) Prozesse in Unternehmen geben, in denen zwischen Prozess-Schnittstellen und Verantwortungsbereichen zukünftig auch intelligente und lernende Maschinen miteinander kommunizieren und autonome Entscheidungen fällen. Man wird Self-Services an der Kundenschnittstelle nutzen, statt in einen Shop oder zu einer Behörde zu gehen. So wird das meiste über entsprechende Applikationen gelöst werden. Produkte erhält man virtuell, bekommt sie per Drohne zugestellt oder erschafft sie selbst mittels eines 3D-Druckers.
- Dies bedeutet, dass die hinter einem Unternehmen stehende Aufbau- und Ablauforganisation sich grundlegend verändern wird: Mitarbeiter werden aus den repetitiven Tätigkeitsbereichen verschwinden und durch Maschinen ersetzt. Menschen werden nur dort benötigt werden, wo es um die Entwicklung von Strategien und Innovation, das Verproben neuer Produkte, nicht-lineare und kreative Tätigkeiten geht. Organisationen werden „liquide“, was bedeutet, dass der Anteil des fixen Personalkörpers reduziert wird.
Außerdem..
- Arbeiten wird unabhängiger von Ort und Zeit. Das „digitale Profil“ und die Kongruenz mit der Realität („Facebook Profilbild versus Echtbild“) wird ein zentraler Reputationsanker werden.
- Gleichzeitig werden hierdurch Herausforderungen in den Bereichen der Vertragsgestaltung, Arbeitssicherheit, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Besteuerung etc. auf uns zukommen, die möglicherweise dann auch zu den wichtigsten Standortfaktoren werden.
- Personalentwicklung und Führung werden sich grundlegend ändern müssen: Führung wird sich stark auf Vernetzung, Coaching und Strategieentwicklung fokussieren, da inhaltliche Führung nicht mehr möglich sein wird. Maschinen und die Crowd haben stets mehr und bessere Lösungen als die individuelle Führungskraft.
- Das intelligente „Füttern“ der Maschinen durch Algorithmen, das Auslesen schier unendlicher Daten zu allen Lebens- und Arbeitskontexten wird zur wichtigsten Qualifikation wachsen. Die „Datenleser“ werden den Qualitätsunterschied und Wettbewerbsvorteil ausmachen.
Müssen Arbeitnehmer neue Skills erwerben?
Das ist schwer und nicht pauschal zu beantworten. Die Meinungen und Forschungen reichen von digitalem Taylorismus hin bis zur 4-Stunden Woche bei vollem Lohnausgleich. Es ist davon auszugehen, dass durch die Digitalisierung der Arbeitswelt die Anforderungen an Arbeitnehmer bzgl. Flexibilität und Bereitschaft zu multiplen Arbeitsverträgen in einigen Funktionen und Bereichen steigen wird, aber nicht pauschal. Die Delphi-Studie, aber auch andere Forschungen erwarten, dass eine Grundbildung in den MINT-Fächern neue Berufsbilder hervorbringen wird als in anderen Disziplinen. Gleichzeitig werden nicht-lineares Denken und Kreativität immer wichtigere Skills werden.
Wie gehen Sie in Ihrem Haus damit um?
Wir setzen uns mit den Zukunftsprognosen natürlich auseinander und versuchen, eine Balance zwischen Mitarbeiterbedürfnissen und Herausforderungen der Digitalsierung zu erreichen. Mit der Future Work Initiative gehen wir den Weg von der Präsenz- zur Ergebniskultur, was sich auf Führung, Zusammenarbeit und physische sowie auch virtuelle Arbeitsplatzgestaltung auswirkt. Mit meinem Bereich Shareground tragen wir zu einer neuen Arbeitswelt – über neues kreatives Arbeiten – bei.
Wir setzen ein neues Führungsverständnis „Lead to Win“ um, damit auch unsere Führungskräfte auf die Herausforderungen von stetiger Innovation, virtueller Zusammenarbeit und disruptivem Wandel vorbereitet werden. Ich freue mich aber auch, dass wir eine sehr proaktive Mitbestimmung haben, die sich mit dem Thema Innovation und Mitbestimmung einerseits und den Folgen der Digitalisierung andererseits auseinandersetzt. Dies sind nur einige Beispiele. Es sind und werden vielfältige Initiativen sein, mit denen wir an den verschiedenen Stellschrauben die Herausforderung der Arbeit 4.0 annehmen und mitgestalten werden.
Die Initiative D21 misst mit der Studie D21-Digital-Index seit 2013 die Entwicklung des Digitalisierungsgrads der deutschen Bevölkerung – ihren Zugang, ihre Kompetenz, ihre Offenheit sowie ihre Nutzungsvielfalt bezogen auf digitale Medien und das Internet. Mit rund 33 000 Befragten ist der D21-Digital-Index die umfangreichste und aussagekräftigste Studie zum Internetnutzungsverhalten der Deutschen. Er ermöglicht es, die Auswirkungen von Innovationen und Ereignissen für Wirtschaft und Gesellschaft detailliert, nachhaltig und im Zeitverlauf aufzuzeigen. In 2014 waren die Schwerpunkte “Digitales Arbeiten” und die Frage nach der “Strukturellen Benachteiligung”.
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Hallo Herr Moussavian, gerne lese ich Ihre Beiträge und Statements, stellen sich mir jedoch einige Fragen die ich auf diesem Weg bei Ihnen positionieren möchte.
Wie bringen Sie das Gebilde TPS bei der Telekom in Einklang mit dem Wandel hin zum Arbeiten 4.0?
Ist eine Umsetzung der Ideen aus der Initiative Future Work geplant, im Hinblick der täglichen Präsenz der Arbeitnehmer an ihrem Büroarbeitsplatz (Stichwort Reduzierung tägliches Pendeln ArbPl-Wohnort).
Wie definieren Sie, virtuelle Arbeitsplatzgestaltung, gibt es konkrete Beispiele hierfür?
Mit freundlichen Grüßen
Johann Wink