Was sich Unternehmen von der Politik abschauen können
Wirtschaft braucht Wachstum, Innovationen sollen es schaffen. So der gängige Wunsch. Das bedeutet immer auch Vorstoß in eine ungewisse Zukunft und damit Veränderung. Die meisten Menschen mögen aber keinen Wandel. Sie lassen Innovationen dann zu, wenn eine klar erkennbare Verbesserung ihrer (Lebens-) Umstände damit einhergeht oder wenn keine Alternative mehr besteht.
An guten Ideen herrscht kein Mangel, es hapert an der Umsetzung
Innovationen florieren dort am besten, wo es gelingt, die Urkräfte der Kooperation von Mitarbeitern, Partnern und Kunden zur Entfaltung zu bringen, erfolgreich Quervernetzungen zu aktivieren und das eigenverantwortliche Handeln der Beteiligten auf ein Ziel hin zu synchronisieren. Neuerungen brauchen viele Unterstützer, die motiviert an die Arbeit gehen, zeigen wollen und dürfen, zu was sie im Stande sind.
Innovationsstandort Deutschland in der Effizienz-Falle
In vielen Unternehmen passiert genau das Gegenteil. Die Strukturen sind auf Effizienz, „Null-Fehler“ und Kontrolle getrimmt. Produktions- oder Logistiksysteme werden längst so gemanagt: mit Zielen, Plänen, Quoten. Maschinen stellen keine Fragen. Unternehmen wollen Innovationsprozesse gern genauso effizient gestalten. Das kann nicht gelingen.
Wer Wachstum durch Innovation will, muss gerade die Strukturen hinterfragen, die Mitarbeiter durch Verantwortungsentzug heute dazu bringen, „das Hirn an der Garderobe mit abzugeben“, Abwanderungspläne zu schmieden oder Verantwortung durch „Freischreibprozesse“ so zu verteilen, dass organisierte Verantwortungslosigkeit und immer neue Regeln entstehen. Das verhindert Fortschritte.
Was sich Unternehmen von der Politik abschauen können
Die Politik ist nicht eben als Innovationsrakete bekannt, als Innovationslabor hingegen spannend. Unternehmen können sich von politischen Entscheidungs- und Umsetzungsprozessen etwas abschauen. Dort beginnt jedes Vorhaben mit einer Diskussion, das Ziel immer im Blick. Je grundlegender geplante Neuerungen, desto umfassender der Abstimmungsprozess. Viele individuelle Überzeugungen und Interessen werden so auf ein Ziel hin gelenkt, Fehler dabei korrigiert. Jeder weiß, dass im demokratischen Verfahren Kompromisse geschlossen werden müssen, auch die Führungsspitze. Sie lässt bewusst los, will überzeugen, kalkuliert Auswirkungen auf eigene Machtpositionen mit ein.
Im politischen Prozess sind Vorstellungskraft und unterschiedliche Erfahrungswelten wertvoller als Wissen oder renommierte Hochschulabschlüsse. Aus diesem Grund kann nicht nur die viel gerühmte „Creative Class“ mit Talent, Technologie und Teilhabe solche Aufgaben lösen. Wer mehr Innovationen will, muss auch die „normalen Mitarbeiter“ mit ihren Ideen, Informationen, Intuition aber auch Interessen dafür gewinnen. Sie warten darauf, ihre Erfahrungen einbringen, sich weiter entwickeln zu dürfen und bei schwierigen Schritten auch einmal geführt zu werden. Sind sie es doch, die mit der Umsetzung beschlossener Maßnahmen gerne allein gelassen werden – und die dann neue Regeln fordern.
Entscheidungen nicht einfach überstülpen
Und letztlich: treffe die wichtigsten Entscheidungen gemeinsam mit den Beteiligten statt sie „einfach“ überzustülpen. Sicherlich gibt es dabei ökonomische Grenzen. Doch es ist die Kunst der Führungskräfte, diesen Prozess so zu moderieren und das Ergebnis so zu begründen, dass es selbst „unterlegene“ Mitstreiter mittragen. Auch die Verantwortung im Scheitern. Hierarchisch geprägte Manager mag das vor Herausforderungen stellen.
Ein solches System aufzubauen erfordert Zeit. Gern wird darauf verwiesen, dass der Wettbewerb das nicht zulasse. Doch es geht um viel mehr als nur einen Wohlfühlfaktor: Innovation braucht Vertrauen und erst Verantwortung entfacht Leidenschaft.
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